Rom - Nach zahlreichen Fällen von sexuellem Kindesmissbrauch in der katholischen Kirche der USA wollen die amerikanischen Kardinäle scharfe Maßnahmen ergreifen. Priester, die wiederholt schweren Kindesmissbrauchs begangen haben, sollen entlassen werden. Außerdem sollen Fälle von Pädophilie bei der Staatsanwaltschaft angezeigt und von zivilen Gerichten bestraft werden, schlugen führende US-Kardinäle zum Abschluss ihrer zweitägigen Krisengespräche am Mittwochabend im Vatikan vor."Null-Toleranz" Über die Vorschläge der Kardinäle soll die US-Bischofskonferenz bei ihrer Sitzung im Juni entscheiden, hieß es in einer in Rom veröffentlichten Erklärung. Der Vorsitzende der amerikanischen Bischofskonferenz, Wilton Gregory, sagte vor Journalisten, damit werde die Linie der "Null-Toleranz" deutlich. "Von nun an ist klar, dass es keinen Platz für Priester gibt, die so etwas tun." Niemand der Verantwortung in der Kirche trage, dürfe Fälle von Pädophilie decken. Zölibat und Pädophilie Zugleich gestanden die US-Kardinäle im Skandal um sexuelle Verfehlungen von Priestern öffentlich Fehlverhalten ein. "Wir bedauern, dass die bischöfliche Aufsicht nicht in der Lage gewesen ist, die Kirche vor diesem Skandal zu bewahren", hieß es. Betont wurde aber auch, dass die Behauptung von "einer Verbindung zwischen Zölibat und Pädophilie wissenschaftlich nicht aufrechterhalten werden kann". An alle Prieser in den USA richteten sich die Worte: "Wir wissen um die schwere Bürde aus Sorge und Schande, die ihr tragt, weil einige die Gnade des Priesteramtes verraten haben, indem sie die ihrer Obhut Anvertrauten missbrauchten." Schicksal von Bostoner Kardinal ist unklar Ungewiss blieb allerdings das weitere Vorgehen gegen den Erzbischof von Boston, Kardinal Bernard Francis Law, der im Zentrum des Skandals steht und über Jahre hinweg Fälle des Kindermissbrauchs vertuscht haben soll. Der 70-jährige Geistliche nahm nicht an der Pressekonferenz teil. Zuvor hatte er zwar Schuld eingestanden, sich aber nicht zu Rücktrittsforderungen geäußert. In ihrer Abschlusserklärung schlugen die Kardinäle auch "nationale Standards" für den Umgang mit sexuellem Missbrauch in der Kirche vor. Es sollten Vorgehensweisen für Fälle erarbeitet werden, in denen Priester zwar als Gefahr für Kinder und Jugendliche erachtet werden, sich aber noch keiner Vergehen schuldig gemacht haben. Vor allem auf die Ausbildung der Priester und die kirchliche Jugendarbeit müsse geachtet werden, hieß es. Strafrecht und Therapie Der Erzbischof von Washington, Kardinal Theodore Edgar McCarrick, nannte die Grundsätze für die künftige Behandlung solcher Fälle. Zunächst gehe es um Hilfe für die Opfer. Schuldige sollen strafrechtlich verfolgt und psychologisch behandelt werden. Zudem wolle man in US-Diözesen "Überwachungs-Kommissionen" bilden, die aus Laien und Psychologen bestehen. Papst Johannes Paul II. hatte die US-Kardinäle zu dem Krisentreffen nach Rom zitiert, nachdem Skandale um den sexuellen Missbrauch von Kindern durch Geistliche die katholische Kirche in den USA erschüttert hatten. Das Treffen hatte am Dienstag mit scharfen päpstlichen Worten gegen die Täter begonnen. Die Kirchenmänner hätten ein schweres Verbrechen und "eine entsetzliche Sünde vor den Augen Gottes" begangen, erklärte der Papst. (APA)