Wirtschaft
GPA: Resolution gegen "dogmatische Privatisierung"
Gewerkschaft will bei ÖIAG-Auflösung auf Kampfmaßnahmen drängen
Wien - Eine Resolution "gegen jede dogmatische,
unreflektierte Privatisierung wichtiger heimischer
Wirtschaftsbetriebe" hat der Bundesvorstand der Gewerkschaft der
Privatangestellten (GPA) gefasst. Sollte die Regierung die von
Finanzminister Karl-Heinz Grasser (F) vor rund zwei Wochen als Ziel
für die nächste Legislaturperiode in den Raum gestellte Auflösung der
Staatsholding ÖIAG weiter verfolgen, will die GPA auf Kampfmaßnahmen
drängen. Die Angestelltengewerkschaft beruft sich dabei auf das
Ergebnis der vorjährigen ÖGB-Urabstimmung. Von der Bundesregierung fordert die GPA die Einberufung eines
Gipfelgesprächs über die Zukunft der ÖIAG, da es in den letzten
Wochen von Regierungsmitgliedern dazu widersprüchliche Aussagen
gegeben habe. Auch angesichts von Schwierigkeiten, das
selbstgesteckte Ziel des Nulldefizits zu halten, dürfe es zu keinem
Abverkauf von Eigentum der öffentlichen Hand kommen.
Absicherung mit Sperrminorität
Wichtige heimische Unternehmen müssten mindestens mit einer
Sperrminorität durch die ÖIAG bzw. andere gleichwertige
Beteiligungsgesellschaften abgesichert werden. Die öffentliche Hand
dürfe nur solche Personen in die entsprechenden Organe entsenden, die
sich mit der öffentlichen Hand als Kerneigentümer identifizieren
könnten.
Die GPA lehne "dogmatisches Staatseigentumsdenken" ebenso ab wie
"unreflektierte Privatisierungseuphorie", die Frage der
Eigentümerstruktur sei nach sachlichen Kriterien zu beurteilen. Bei
geplanten Änderungen von Eigentumsverhältnissen stünden aber mögliche
Auswirkungen auf den Erhalt von Headquarterfunktionen und
Forschungskompetenz, auf Zulieferbetriebe sowie die
Arbeitsbedingungen im Vordergrund.
Weitere Unternehmen einbeziehen
Seit 1994 habe sich die Beteiligungspolitik der ÖIAG vor allem
daran orientiert, die Kernbereiche bei ihrer wirtschaftlichen
Entwicklung als strategischer Eigentümer zu begleiten, ohne in das
operative Geschehen einzugreifen. Damit verbunden sei eine
vorsichtige Privatisierungspolitik erfolgt, vielfach
"Kernaktionärsphilosphie" genannt. Diese sei nach der
ÖIAG-Gesetznovelle 2000 noch immer möglich, allerdings durch
politische Aufträge zum Totalverkauf bestimmter Unternehmen
abgeblockt. Das Beispiel ÖIAG habe gezeigt, dass eine "Corporate
Governance", mit dem Staat als Kernaktionär, auch in Österreich
möglich sei.
Bis 1999 seien innerhalb der ÖIAG-Beteiligungen sowie durch die in
Personalunion geführte PTBG (Post/Telekom) Privatisierungen im Umfang
von über 7,3 Mrd. Euro durchgeführt worden. Damit sei die Reichweite
der wichtigen Unternehmen für Österreich noch keineswegs erschöpft.
Aus Sicht der GPA müsse man auch Unternehmen einbeziehen, die derzeit
keine direkten Verbindungen mit dem ÖIAG-Sektor haben, wie die ÖBB,
die Bundesforste, die Energieunternehmen oder die Wasserwirtschaft. (APA)