ORF
ORF-Privatisierung für ÖVP "kein Thema"
Molterer: Neue ORF-Führung "in Ruhe arbeiten lassen" - Grüne: FPÖ will ORF "destabilisieren"
ÖVP-Mediensprecher und Bundesminister Wilhelm
Molterer hat am Donnerstag dem Wunsch des Koalitionspartners FPÖ nach
einer zumindest teilweisen Privatisierung des ORF eine Absage
erteilt. "Für uns ist eine Privatisierung kein Thema", sagte er im
Gespräch mit der APA. Es sollte "Konsens" sein, "die neue
Geschäftsführung in Ruhe ihre schwierige Arbeit leisten zu lassen".
Auch Medienstaatssekretär Franz Morak (V) betonte auf APA-Anfrage,
dass es derzeit keinen Diskussionsbedarf über eine Privatisierung
gebe. Die Grünen kritisierten am Donnerstag, dass die FPÖ mit
"maximaler Zerstörungskraft" gegen den ORF vorgehe.Falsches Signal an die ORF-Führung
"Man sollte sich nicht von einem Gesetz, das man erst vor kurzem
beschlossen hat, bereits wieder distanzieren", betonte Molterer. Dies
wäre auch ein "falsches Signal" an die ORF-Führung, die mit der
Positionierung des Unternehmens in einem neuen Umfeld eine schwierige
Aufgabe zu meistern habe. Er sehe außerdem "keinen Sinn" in einer
Privatisierung des ORF, weil man mit dem Rundfunkgesetz und der
Umwandlung des ORF in eine Stiftung ja den "politischen Willen zu
einem starken öffentlich-rechtlichen Sender" gezeigt habe.
Morak betonte, dass der ORF die "Zentralanstalt der
österreichischen Identität im Äther" sei und "in der Form des
ORF-Gesetzes ein Grundpfeiler medienpolitischer Verantwortung" sei.
Ein duales Rundfunksystem sei darüber hinaus europäischer Standard,
öffentlich-rechtlicher Rundfunk sei eine "demokratiepolitische
Notwendigkeit", so der Staatssekretär.
Ablehnung auch gegenüber Werberegelungen
Weitere Novellierungswünsche des Koalitionspartners, etwa
bezüglich der Werberegelungen, kommentierte Molterer ebenfalls
ablehnend. Man sei grundsätzlich nicht dagegen, "über das eine oder
andere Detail zu diskutieren", aber: "Jetzt schauen wir uns einmal
an, wie das ORF-Gesetz wirkt." Auch Morak verwies darauf, dass es
noch zu früh sei, die Auswirkungen des neuen Gesetzes zu beurteilen.
Nachdem FPÖ-Mediensprecher und -Klubobmann Peter Westenthaler am
Mittwoch die "gänzliche Privatisierung" des ORF gefordert hatte,
spricht sich FPÖ-Obfrau und Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer in der
morgen erscheinenden Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Format" dafür
aus, ORF 1 "relativ rasch" zu privatisieren.
Destabilisieren um zu privatisieren
Der Grüne Mediensprecher Stefan Schennach schloss daraus,
Riess-Passer wolle "den ORF zuerst destabilisieren, um ihn dann zu
privatisieren", wie er am Donnerstag in einer Aussendung kritisierte.
"Weil die FPÖ im Poker um ORF-Posten und Einflussbereiche von der ÖVP
über den Tisch gezogen wurde, versucht die FPÖ jetzt mit maximaler
Zerstörungskraft den ORF zu Fall zu bringen." Mit dem Vorschlag, ORF
1 zu privatisieren, falle die FPÖ "auf ihre alte Position vor der
ORF-Reform zurück. Damit zeigt sich, wie kurz die Halbwertszeit von
Reformen ist, die die FPÖ mit ihren Stimmen mitbeschlossen hat", so
Schennach.