New York/Wien - Gegen den österreichischen UNO-Polizisten
Martin A. ist laut Angaben eines UNO-Sprechers in New York Anklage
erhoben worden. Laut einer Presseaussendung der UNO-Mission im Kosovo
(UNMIK) vom Donnerstagabend werden darin sechs Anklagepunkte
formuliert. Die internationale Staatsanwaltschaft in Prizren wirft
dem Österreicher Martin A. Folgendes vor: Schwere Körperverletzung,
leichte Körperverletzung, Erzwingung einer Erklärung unter Druck,
Misshandlung im Amt, Amtsmissbrauch und Falschaussage. Alle diese
Vorwürfe beziehen sich auf die Misshandlung eines Gefangenen am 25.
Februar dieses Jahres. Eine Anklage wie diese gegen einen UNO-Polizisten sei "leider kein
Einzelfall", erklärte der UNO-Sprecher. Ähnlich gelagerte Fälle habe
es schon in anderen Einsatzgebieten sowie auch im Kosovo gegeben. Ob
es die erste Anklage gegen einen Österreicher im UNO-Dienst sei,
konnte er nicht beantworten.
Die APA versuchte am Donnerstagabend, Stellungnahmen aus dem
Außen- und aus dem Innenministerium zu erhalten. Aus beiden
Ministerien verlautete auf Anfrage der APA, dass in der Angelegenheit
das Justizministerium zuständig sei. Der Pressesprecher des
Justizministeriums, Gerald Waitz, hatte der APA bereits vor dem
definitiven Bekanntwerden der Anklageerhebung mitgeteilt, er wolle
den konkreten Einzelfall nicht kommentieren, österreichische
Staatsbürger könnten jedoch auf Grund einer Verfassungsbestimmung
grundsätzlich nicht ausgeliefert werden. Die einzige Ausnahme hiezu
sei ein internationaler Haftbefehl des internationalen
Kriegsverbrechertribunals in Den Haag.
Nach Bekanntwerden der Anklage nochmals befragt, erklärte Waitz am
Abend gegenüber der APA, da es sich hier um einen äußerst
ungewöhnlichen Fall handle, wolle er zuerst eine Expertenmeinung
einholen, bevor er ein Pressestatement abgeben könne.
Ein Pressesprecher der UNMIK-Polizei im Kosovo, Barry Fletcher,
sagte telefonisch der APA, die UNMIK sei dafür, dass ein mögliches
Verfahren vor einem Gericht im Kosovo stattfinden solle, da es
schließlich um eine Verletzung kosovarischen Rechtes gehe. Zudem
könnte ein faires Verfahren im Kosovo als positives Signal für ein
funktionierendes Justizwesen in der Region gewertet werden, erklärte
ein weiterer Sprecher der UNMIK-Polizei.
Der Anwalt des betroffenen UNO-Polizisten sagte laut ORF-ZiB2, ein
Haftbefehl gegen Martin A. sei ungerechtfertigt, Österreich sei
völkerrechtlich nicht verpflichtet, seinen Mandanten auszuliefern.
Gegen Martin A. laufen auch Vorerhebungen am Wiener Landesgericht. (APA)