Leverkusen/Köln - Der Pharmakonzern Bayer hat im ersten Quartal 2002 wie von den meisten Analysten erwartet ein drastisch verringertes operatives Ergebnis vor Sonderposten verzeichnet, den Konzerngewinn aber erhöht. Die Umsätze schrumpften indes stärker als erwartet. Der operative Gewinn aus dem fortgeführten Geschäft vor Sonderposten sei in den ersten drei Monaten um 46 Prozent auf 493 (Vorjahresquartal: 912) Mill. Euro gesunken, teilte Bayer am Freitag mit. Von Reuters befragte Analysten hatten im Schnitt mit einem Rückgang um 47 Prozent gerechnet. Der Konzerngewinn sei aber im gleichen Zeitraum um 18,3 Prozent auf 523 (442) Mill. Euro gestiegen. Der Umsatz aus den fortgeführten Aktivitäten schrumpfte den Angaben zufolge um 6,5 Prozent auf 6,957 (7,44) Mrd. Euro. Hier hatten die Prognosen der Analysten im Schnitt bei 7,25 Mrd. Euro gelegen. Zu den Aussichten für das Gesamtjahr hieß es, zuverlässige Prognosen seien wegen der unsicheren Konjunkturlage noch nicht möglich. Es sei aber mit einer deutlichen Verbesserung des Konzerngewinns zu rechnen. Einsparungen Bayer will bis zum Jahr 2005 seine Kosten im Volumen von insgesamt zwei Mrd. Euro reduzieren. Bisher waren Kosteneinsparungen von insgesamt 1,8 Mrd. Euro geplant. "Die geschäftliche Entwicklung in diesem Jahr stellt uns vor beträchtliche Herausforderungen", erklärte Bayer-Vorstandschef Manfred Schneider am Freitag weiter auf der Hauptversammlung in Köln laut Redetext. 720 Klagen Bayer muss sich mittlerweile gegen etwa 720 Klagen im Zusammenhang mit dem im August 2001 vom Markt genommenen Cholesterinsenker Lipobay/Baycol zur Wehr setzen. Davon seien rund 700 Klagen in den USA eingereicht worden, sagte der scheidende Vorstandsvorsitzende des Konzerns, Manfred Schneider, am Freitag bei der Hauptversammlung in Köln. Schneider wies die Forderung der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) erneut zurück, für die Prozessrisiken Rückstellungen zu bilden. Bayer sei gegen derartige Produktrisiken in einem branchenüblichen Umfang versichert, weshalb Rückstellungen etwa für Vergleichszahlungen nicht nötig seien. Bayer hatte den Blockbuster Lipobay wegen Nebenwirkungen vom Markt zurückgezogen. Bei gleichzeitiger Gabe des Wirkstoffs Gemfibrozil, vor der in den Beipackzetteln gewarnt worden war, war es zu etwa 100 Todesfällen gekommen. Das Unternehmen war daraufhin von Angehörigen und weiteren Opfern verklagt worden. Der US-Anwalt Daniel Becnel, der nach eigenen Angaben rund 8.000 Kläger in den USA vertritt, bezifferte die Gesamtzahl der US-Kläger am Rande der Hauptversammlung auf mehr als 100.000. Die meisten davon hätten sich so genannten Sammelklagen angeschlossen. Schneider wies die Forderung Becnels zurück, unverzüglich Verhandlungen mit den Anwälten der Lipobay-Geschädigten aufzunehmen, um über außergerichtliche Schadenersatzzahlungen zu verhandeln. Selbst das Bundesgesundheitsministerium habe seine Behauptung, Bayer habe die Behörden nicht rechtzeitig informiert, inzwischen zurückgezogen und sich schriftlich für diese öffentlich geäußerten Vorwürfe entschuldigt. (APA/Reuters)