Brüssel - Eine geringfügige unabsichtliche Verunreinigung von Nahrungsmitteln mit genetisch veränderten Pflanzenbestandteilen (GVO) ist heutzutage nicht mehr auszuschließen. Eine Toleranzgrenze von bis zu einem Prozent für genetisch veränderte Bestandteile wird daher von EU-Institutionen wie auch Interessensverbänden und Verbraucherschützern auch für an sich gentechnik-freie Lebensmittel für akzeptabel gehalten, zeigte eine Expertenanhörung, die die SPÖ-Europaabgeordnete Karin Scheele im EU-Parlament in Brüssel organisierte. Regelungen für EtikettierungDie EU-Kommission hat gesetzliche Regelungen für Etikettierung und Umgang mit gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln vorgeschlagen, die auch eine einprozentige Toleranzgrenze für GVO vorsehen. Der Vorschlag muss nun von EU-Parlament und EU-Ministerrat diskutiert und beschlossen werden. Scheele ist im Umweltausschuss des EU-Parlaments Berichterstatterin für dieses Thema und will "möglichst niedrige" Schwellenwerte für zugelassene GVOs. Wahl zwischen Produkten mit und ohne genetisch veränderten Pflanzen Ein Verbot von gentechnisch veränderten Bestandteilen greife zu kurz. Den Konsumenten müsse durch Etikettierung die Wahlmöglichkeit gegeben werden, zwischen Nahrungsmitteln mit und ohne genetisch veränderten Pflanzen, forderte Jim Murray, Chef des EU-Konsumentenverbandes BEUC, zusammen. Etiketten machten Lebensmittel nicht sicherer, aber unsichere Lebensmittel hätten sowieso am Markt nichts verloren. Mit der Zeit werde sich zeigen, ob die Konsumenten bereit seien, für das gentechnik-freie Produkt mehr zu zahlen. Dokumentation der Herkunft Um die korrekte Etikettierung nachzuweisen, gibt es dann zwei Wege: Die Dokumentation der Herkunft aller Inhaltsstoffe und den Labornachweis der gentechnisch veränderten Bestandteile im Endprodukt. Die Dokumentation der verwendeten Bestandteile sei machbar und unumgänglich, so stellvertretend für viele Wortmeldungen Aude L'Hirondel vom EU-Verband der Konsumgenossenschaften (Eurocoop). Große Unternehmen müssen bei jeder Produktcharge ohnehin genau die Inhaltsstoffe kennen um gleichbleibende Qualität zu garantieren, ergänzt Murray. Aber die Versuchung zu Betrug sei eben sehr groß, wenn "saubere" Produkte so viel wertvoller werden als andere, so die Skeptiker in der Anhörung. Schon am Feld müsse die korrekte Dokumentation beginnen und jeder der Duzenden Händler in der Kette müsse sich penibel daran halten. Tests sind letztlich unumgänglich Daher sind Tests letztlich unumgänglich. Mit entsprechender Information über die angebauten Produkte kann man sehr viel nachweisen, erläuterte Andreas Heissenberger vom österreichischen Umweltbundesamt (UBA): Proteine kann man im Rohstoff innerhalb von zehn Minuten bei Kosten von rund zehn Euro finden. Dieser Test sei allerdings ungenau. Mit einem Gentest könne man theoretisch auch in der Chips-Packung einzelne GVO-Moleküle aufspüren, das dauere aber einen Tag und koste pro Test bis zu 200 Euro. Praktisch sei derzeit eine Verunreinigung bis zu 0,1 Prozent nachweisbar, schränkt Heissenberger ein. Und sehr schwierig wird es bei Behandlung der genetisch modifizierten Pflanzen mit Säure und bei der Verarbeitung zu Stärke oder Ölen. Denn dabei werde die DNA weitgehend zerstört. So kann es durchaus Produkte aus genetisch veränderten Pflanzen geben, wo der Eingriff in die Natur nicht mehr nachweisbar ist. (APA)