Inland
Entwurf zum Uni-Gesetz: SPÖ ortet zwölf Verfassungswidrigkeiten
Kuntzl: Gehrer muss nochmals von vorne beginnen - ÖVP kritisiert "Populismus"
Wien - Zwölf Verfassungswidrigkeiten im Entwurf für ein
neues Universitätsgesetz ortet die SPÖ auf Grund der Stellungnahme
des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramtes zu dem
Ministeriumspapier. "Das ist eine vernichtende Stellungnahme und eine
große Blamage für Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V)", erklärte
SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Andrea Kuntzl am Freitag bei einer
Pressekonferenz in Wien. Da es nach Ansicht der Sozialdemokraten bei
den verfassungsrechtlichen Bedenken nicht nur um Detailprobleme gehe,
sondern um Kernpunkte der Reform, müsse Gehrer den Entwurf
zurückziehen und nochmals von vorne beginnen.Drei Kernpunkte
Kuntzl nannte drei Kernpunkte der Reform, gegen die der
Verfassungsdienst Bedenken angemeldet habe. Betroffen seien etwa die
geplanten Leistungsvereinbarungen zwischen Bund und den einzelnen
Universitäten. Die Rechtsnatur der Leistungsvereinbarung sei "unklar"
heißt es in der Stellungnahme, die Einrichtung eines
öffentlich-rechtlichen Vertrags sei der österreichischen
Rechtsordnung fremd. Hoheitliche Aufgaben dürften den Unis nicht
durch privatrechtliche Verträge übertragen werden, dafür würde sich
nur eine Verordnung des Bildungsministers eignen.
Betroffen von den verfassungsrechtlichen Bedenken sei auch der
umstrittene Universitätsrat. Da die Mitglieder dieses Gremiums keine
Universitätsangehörigen seien, könnten sie auch nicht weisungsfrei
gestellt werden, wie dies derzeit im Gesetz geplant ist. Kritisiert
wird vom Verfassungsdienst der Plan, dass das Rektorat die
Habilitation erteilen soll. Da das Rektorat nicht unbedingt
mehrheitlich aus Habilitierten besteht, könne es auch nicht über die
wissenschaftliche Qualifikation eines Habil-Bewerbers entscheiden.
"Kosmetische Änderungen" nicht mehr möglich
Nach Ansicht Kuntzls stellen die Kritikpunkte des
Verfassungsdienstes das Gesetz an sich in Frage, "kosmetische
Änderungen" seien da nicht mehr möglich. Die
SPÖ-Bundesgeschäftsführerin geht davon aus, dass die Regierung trotz
dieser Bedenken das Gesetz mit einfacher Mehrheit beschließen werde.
"Das werden wir aber nicht hinnehmen und das Gesetz vor den
Verfassungsgerichtshof bringen", sagte Kuntzl.
ÖVP: "SPÖ-Kritik getragen von Populismus"
Nach Ansicht von ÖVP-Wissenschaftssprecherin Gertrude
Brinek sind Hinweise des Verfassungsdienstes beim Entstehen eines
neuen Gesetzes üblich. Sie würden berücksichtigt und
"selbstverständlich wird das Universitätsgesetz bei der
Beschlussfassung verfassungskonform sein". Die Kritik der SPÖ sei
getragen von Populismus und dem Bestreben, strukturkonservativ am
Status quo festzuhalten, meinte Brinek am Freitag in einer
Aussendung.
Für Brinek ist es "völlig außer Streit gestellt", dass die
verfassungsrechtlich garantierten Rechte der Freiheit von Forschung
und Lehre sowie die Weisungsfreiheit im neuen Gesetz aufrecht bleiben
würden. Die Opposition sollte nach Ansicht der
ÖVP-Wissenschaftssprecherin aufhören, sich gegen jede Art der
Modernisierung an den Universitäten zu verweigern. "Man hat gesehen,
dass die SPÖ keine sinnvolle Alternative zum derzeitigen Entwurf hat,
der SPÖ-Vorschlag war ein klarer Flop und ist sang- und klanglos
wieder verschwunden", so Brinek. (APA)