Wien - Offiziell ist das Infrastrukturministerium in Warteposition. Die Zwölferfrage ist, wie der "politische Wille" aussehen wird, den drei parlamentarische Unterausschüsse bis Juni zutage fördern werden. Erst dann wird ein Gesetz "gebastelt", das sowohl der soeben verabschiedeten EU-Telekomrichtlinie als auch den österreichischen Marktgegebenheiten entspricht, heißt es. Der Entwurf soll am 26. Juni im Verkehrsausschuss präsentiert werden. Inoffiziell tobt um das neue Telekomgesetz freilich bereits eine heiße Schlacht zwischen Telekom Austria (TA) und ihrer privaten Konkurrenz. Beide Seiten fahren schwere Geschütze auf: Der Verband alternativer Telekomnetzbetreiber (VAT) will zur Sicherung eines nachhaltigen Wett- bewerbs eine schlagkräftigere Regulierung mit Sanktionsmöglichkeiten für den Regulator. Als Zeichen dafür erhielt Telekom-Regulator Heinrich Otruba eine gelbe und eine rote Karte. Die TA hält dagegen, dass der Wirtschaftsstandort Österreich in Gefahr sei, wenn sie als Exmonopolist weiterhin so streng reguliert werde und sich ihre Endkundenpreise vom Regulator genehmigen lassen müsse. Beiden Seiten gemeinsam ist die Forderung, dass endlich eine adäquate Wettbewerbsaufsicht installiert werden müsse.

Musterschüler

Der TA-Vorstandschef Heinz Sundt attestierte der Regulierungsbehörde RTR eine "Musterschülermentaliät" im Europa-Vergleich und forderte eine Abkehr bis hin zur Abschaffung der sektoralen Regulierung. Sein Bereichsleiter für Produkt- und Technologiemanagement, Helmut Leopold, legte nach und befand, es sei unzumutbar, dass der Regulator die TA zwinge, ihre Infrastruktur zu Preisen anzubieten, die unter den Kosten lägen. Otruba wies dies vehement zurück: Die TA könne nicht erwarten, dass ihr die "verteilten Vollkosten" abgegolten würden, sondern nur der "angemessene Aufwand". Die Abschläge von den Vollkosten der TA seien angesichts der TA-Effizienzgewinne mittlerweile aber zu hoch, konterte TA-Vorstand Rudolf Fischer, der allerdings nicht persönlich anwesend war. Die Regulierungsbehörde unterliege hier "einer großen Fehleinschätzung". Otrubas Befund zur Liberaliserung: Die Marktöffnung ist erfolgt. Ob dauerhafter Wettbewerb gesichert sei? "Da bin ich mir nicht so sicher." Sundt will auch, dass die Investition in innovative Telekom-Strukturen durch Anreize gewährleistet wird. Und das sei nur über eine Anhebung der Telefonmaut, wie das Zusammenschaltungsentgelt im Fachjargon heißt, möglich. Außerdem solle das Breitbandnetz (ADSL) aus der Regulierung ausgenommen bleiben und das Telekomgesetz wegen des raschen technischen Fortschritts alle zwei Jahre überprüft werden. (ung, DER STANDARD, Printausgabe 30.4.2002)