Brüssel - Die konservativen Abgeordneten des Europäischen Parlaments (EP) weisen Aussagen des stellvertretenden Ministerpräsidenten in Tschechien, Vladimír Spidla, scharf zurück. Dieser hat laut tschechischen Medienberichten den Europäischen Konservativen (EVP-ED) im Zusammenhang mit den Benes-Dekreten vorgehalten, die "Entnazifizierungslegislative der Tschechoslowakei" in Frage zu stellen.

Der Vorsitzende der Konservativen EVP-ED Fraktion, Hans-Gert Pöttering, zeigte sich empört über Spidla. "Es geht in keiner Weise darum, die Nachkriegsordnung in Tschechien in Frage zu stellen, sondern lediglich darum, sicher zu stellen, dass europäische Bürgerinnen und Bürger nicht in Rechtsstreitigkeiten diskriminiert werden," betonte Pöttering am Freitag.

Die Frage sei für "die gesamte Union von Interesse" und nicht nur für deutsche oder österreichische Parlamentarier, da sich die Union auch als Wertegemeinschaft sehe. Man müsse daher offen und sachlich über alle politischen Fragen, reden und Lösungen auf Grundlage des EU-Rechts finden, sagte Pöttering, der allerdings im Gegensatz zu manchen österreichischen Abgeordneten, die von der FPÖ kommen, ein vehementer Befürworter des EU-Beitritts Tschechiens ist. Pöttering mit Nachdruck: "Wir werden alles dafür tun, damit der Beitrittsprozess reibungslos ablaufen kann." (ina)

(DER STANDARD, Printausgabe, 27.4.2002)