Die meisten Fälle ereignen sich im Familien- und Bekanntenkreis, nur wenige kommen ans Licht - und nur jede dritte Anzeige führt zu einer Verurteilung. Salzburg/Luxemburg - Von den 1,3 Millionen Kindern unter 15 Jahren in Österreich werden rund 300.000 geprügelt, bis zu fünf Prozent der Opfer erleiden schwerste Misshandlungen, die bis zum Tod führen können. Zu sexuellen Übergriffen komme es bei jedem vierten Mädchen und jedem sechsten Bub. Diese erschreckenden Daten referierte die Salzburger Kinder- und Jugendanwältin Andrea Holz-Dahrenstaedt am Donnerstagabend in einem Symposion zum Thema "Gewalt und Missbrauch von Kindern - was tun?" in Salzburg. Aus Angst, noch mehr Schaden anzurichten, würden viele Menschen immer noch wegschauen, kritisierte sie. Nur ein Drittel der Anzeigen führe auch zu einer Verurteilung. Die Täter kommen bei sexuellem Missbrauch zu 98 Prozent aus dem Familien-und Bekanntenkreis. Opfer schweigen "Mehr Hellhörigkeit" wünscht sich Frauenärztin Barbara Maier vom LKH-Salzburg auch vonseiten der ÄrztInnen. "Jede dritte Frau, die als Kind Opfer sexuellen Missbrauchs war, hat das nie jemandem erzählt. Und: Durchschnittlich dauert es sechs Jahre, bis Betroffene darüber sprechen können." In Tirol wurde die Interventionsstelle im Vorjahr in 311 Fällen familiärer Gewalt tätig, dies ist gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um 15 Prozent. Um den gewachsenen Aufgaben gerecht zu werden, übersiedelt die Geschäftsstelle in größere Räumlichkeiten in der Innsbrucker Museumsstraße 27. Gescheitert an Vorbehalten der Niederlande sowie Italiens ist am Freitag beim Treffen der Justizminister der EU in Luxemburg ein Rahmenbeschluss, um die sexuelle Ausbeutung von Kindern und die Kinderpornografie in den Mitgliedstaaten künftig gleich ahnden zu können. EU-weite Harmonisierung des Strafrechts Einen Durchbruch erzielten die Justizminister hingegen bei der Harmonisierung des gesamten Strafrechts in allen fünfzehn Staaten der EU. Alle Straftaten sollen künftig in vier Kategorien eingeteilt werden: Kleinere Straftaten sollen mit ein bis drei Jahren, mittlere mit zwei bis fünf, schwerere mit fünf bis zehn und Kapitalverbrechen mit mindestens zehn Jahren Gefängnis bestraft werden. Justizminister Dieter Böhmdorfer sprach von einem großen Fortschritt. In der Praxis bedeutet dies, dass der Grundstein gelegt wurde, um in der gesamten Union das Strafrecht zu vereinheitlichen. Grünes Licht gaben die Justizminister für Verhandlungen über eine engere Zusammenarbeit der Europäischen Union und den USA zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus. (hs, ina, APA) - DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 27./28.4.2002