Nasran - In der südrussischen Republik Inguschetien
entscheiden die Wähler am Sonntag in einer Stichwahl
darüber, ob ein Geheimdienstgeneral oder ein russischer Abgeordneter
ihr neuer Präsident wird. Inguschetische Politiker, darunter auch der
zu Silvester zurückgetretene Expräsident Ruslan Auschew, haben dem
Kreml vorgeworfen, den Wahlkampf in seinem Sinne manipuliert zu
haben. Zur Wahl stehen der General des Geheimdienstes FSB, Murat
Sjasikow, und der russische Abgeordnete Alichan Amirchanow. Auschew
hat auf Veranstaltungen nach der ersten Runde am 7. April Amirchanow
unterstützt. Der Nachrichtenagentur AP sagte der nach wie vor
beliebte Afghanistan-Veteran, der Kreml habe versucht, Inguschetien
seinen Kandidaten aufzuzwingen. "Bundesbeamte haben alle Methoden
angewandt, um Amirchanows Zulassung zu verhindern", sagte er zu
Vorwürfen, der Kandidat habe Wähler bestochen. Vor Gericht wurden
bisher alle derartigen Beschuldigungen zurückgezogen oder verworfen.
Vorwürfe
Auschew warf dem Sondergesandten von Präsident Wladimir Putin in
Südrussland, Viktor Kasanzew, vor, seinen Einfluss zur Torpedierung
der Kandidatur Amirchanows eingesetzt zu haben. Sjasikow ist
Kasanzews Stellvertreter. Auschews Favorit in der ersten Runde war
sein ehemaliger Innenminister Chamsad Guzirijew, der einen Tag vor
der Wahl disqualifiziert worden war. Das Oberste Gericht in Moskau
hatte entschieden, dass Guzijirew nicht zugelassen werden könne, weil
er sich als Innenminister während des Wahlkampfs nicht hatte
beurlauben lassen. Auschew sieht Kasanzew auch hinter dieser
Entscheidung.
Auschew hatte als Präsident auf Autonomie seiner Republik von
Russland bestanden und zudem den Moskauer Umgang mit dem
Tschetschenien-Konflikt kritisiert. Nach seiner Rücktrittserklärung
hatten ihn Bürger erfolglos gebeten, im Amt zu bleiben.
Sjasikow hat erklärt, weder er noch seine Unterstützer hätten
versucht, einen Gegenkandidaten aus dem Rennen zu werfen. In der
inguschetischen Presse wird er wohlwollend als der Favorit des Kremls
dargestellt. Insbesondere werden seine engen Verbindungen zu Putin
herausgestellt.
In Inguschetien leben Zehntausende tschetschenische
Kriegsflüchtlinge, viele davon in heruntergekommenen Zeltlagern.
Mehrere Tausend von ihnen sind bei der Stichwahl stimmberechtigt,
meldeten russische Nachrichtenagenturen. Die Sicherheitsvorkehrungen
wurden am Samstag verschärft. Polizisten und Soldaten verstärkten
Kontrollposten in der Republik, insbesondere an der tschetschenischen
Grenze, berichtete der russische Fernsehsender NTW. (APA/AP)