Wirtschaft
"Umweltsünder sind schlechte Manager"
WBCSD-Präsident Stigson für Ausbau der Entwicklungshilfe
Wien - "Umweltverschmutzung durch Konzerne ist für mich stets ein Signal schlechten Managements", sagte Björn Stigson, seit 1995 Präsident des World Business Councils for Sustainable Development (WBCSD) im Gespräch mit dem STANDARD. Beispielsweise habe der US-Mischkonzern 3M bereits vor 20 Jahren ein "Ökoprogramm" gestartet, mit dem bis heute rund eine Milliarde US-Dollar an Entsorgungskosten eingespart werden konnte. Je eher multinationale Unternehmungen aus der Reinhaltung von Luft und Wasser oder der Müllreduktion eine "Geschäftsidee" ableiten könnten, desto eher werde sich der Ansatz des nachhaltigen Wirtschaftens durchsetzen, ist Stigson überzeugt.
Auch die Börsen würden dies mittlerweile honorieren. So hätte der Dow Jones Sustainability Index, ein im Jahr 2000 eingeführter Korb von 230 Unternehmen aus aller Welt, die sich der Nachhaltigkeit verschrieben haben, den allgemeinen Dow Jones der Wall Street um rund drei Prozentpunkte in der Performance geschlagen.
Rio bis Johannesburg
Als WBCSD-Präsident vertritt der ehemalige ABB-Topmanager und nunmehrige Berater etwa der Weltbank, 160 weltweit agierende Großkonzerne, die sich mit Fragen der ressourcenschonenden Entwicklung beschäftigen. Stigsons Vortragsreisen, die ihn Ende letzter Woche nach Wien führten, sind Teil der Vorbereitungen auf den UNO-Weltgipfel Ende August in Johannesburg.
Angesprochen auf eine Studie des angesehenen Worldwatch-Institutes (Washington), wonach die Schuldenlast der ärmsten Länder trotz der Versprechungen des UNO-Gipfels von Rio 1992 um 34 Prozent auf 2,5 Billionen Dollar gestiegen sei, sagte Stigson: "Nur ein kräftiges Anheben der staatlichen Entwicklungshilfe kann die ärmsten Länder aus der Schuldenfalle holen. Direktinvestitionen von Unternehmen haben nur einer sehr limitierten Zahl der allerärmsten Länder geholfen, weil diese meist keinen Markt darstellen und daher kaum Investitionsanreize bestehen."
Die Verabschiedung des Kioto-Klimaschutzprotokolls stünde in Johannesburg nach dem Ausscheren der USA nicht mehr ganz oben auf der Tagesordnung, bedauert Stigson. "Unsere global tätigen Mitgliedsfirmen hätten ein weltweit einheitliches System bevorzugt, auch wenn Kioto nur einen ersten Schritt im Kampf gegen den Klimawandel darstellt."
Präsident des österreichischen Business Councils for Sustainable Development ist VA-Tech-Vorstandschef Erich Becker. Stigson streut ihm Rosen für seine Arbeit. Zum Umstand, dass sich die VA Tech mithilfe von staatlichen Exportgarantien für ein ökologisch und sozial höchst umstrittenes Staudammprojekt im türkischen Südostanatolien ("Ilisu") bewirbt, war Stigson kein kritischer Kommentar zu entlocken. (Michael Bachner, Der Standard, Printausgabe, 29.04.02)