Der Zwist zwischen "Falken" und "Tauben" im Nahostkonflikt hat auch im Weißen Haus seinen Niederschlag gefunden. An der Spitze jener Hardliner, die einen beinharten Kurs gegen Palästinenserchef Yassir Arafat propagieren, stehen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und einige seine engsten Berater, darunter auch Vizeverteidigungsminister Paul Wolfowitz. Sie wollen Israels Premier Ariel Sharon größeren Spielraum bei dem von ihnen als legitimen "Kampf gegen den Terrorismus" betrachteten Militäraktionen einräumen.Auch Vizepräsident Dick Cheney gehört tendenziell zu dieser Gruppe. Auf der anderen Seite steht, ziemlich einsam, Außenminister Colin Powell. In seinem Ressort befürchtet man, dass die israelische Offensive in der arabischen Welt die Fronten nur zusätzlich verhärtet. Die Rolle von Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice in dieser "battle royal" (ein hoher Beamter) scheint derzeit unklar. Obwohl die wichtigste Frau im Umfeld von George Bush eine entscheidende Rolle in der Entsendung von Powell in den Nahen Osten spielte, äußerte sie bis jetzt keine klare eigene Meinung. Als wären die Querelen innerhalb des Weißen Hauses nicht genug, muss sich die Bush-Regierung auch mit Kritik seitens des US-Kongresses auseinander setzen. In letzter Minute konnte durch Intervention des Weißen Hauses eine für Dienstag geplante Resolution im Repräsentantenhaus zur Unterstützung von Israel abgewendet werden. Nur aufgeschoben Die Resolution war sowohl von dem Republikaner Tom Delay und dem Demokraten Tom Lantos gesponsert worden und verdammte die "kontinuierliche Unterstützung und Koordination des Terrors durch Arafat". Beobachter sind sich jedoch einig, dass Aktionen des Kongresses derzeit nur aufgeschoben, jedoch nicht aufgehoben sind: Bush muss sich bemühen, insbesondere seine republikanischen Parteifreunde von seiner Politik zu überzeugen, um einen Gleichklang zwischen Kongress und Weißem Haus wiederherzustellen. (DER STANDARD, Print, 29.4.2002)