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Foto: Reuters/Lampen
München - 50 Prozent aller Erwachsenen in Europa leiden an chronischen Schmerzen. Doch selbst von denjenigen, die die stärksten Qualen leiden, wird nur ein Bruchteil wirksam schmerzlindernd behandelt. Das erklärten Fachleute aus Anlass des Starts des europäischen "P.A.I.N."-Netzwerkes am Wochenende in München. "Berlin-Konsens" Der Hintergrund: 25 europäische Schmerzspezialisten haben Ende Jänner den "Berlin-Konsens" beschlossen. Darin werden die Grundregeln europaweiter Initiativen zur besseren Versorgung von Schmerzpatienten festgeschrieben. Dazu der österreichische Teilnehmer an der Konsensus-Konferenz, der Präsident der Wiener Krebshilfe Univ.-Prof. Dr. Michael Micksche vom Krebsforschungsinstitut der Universität Wien: "Diese Berlin-Deklaration ist eine sehr gute und wichtige Initiative. Den Schmerzen wird auch bei Krebs noch nicht die notwendige Aufmerksamkeit gewidmet. Auch die direkt Betroffenen wissen oft nicht, wie sehr ihnen eine wirksame Behandlung helfen kann." Ungenügende Therapie Wie groß das Problem ist, belegen Zahlen aus Deutschland: Rund 1,3 Millionen Menschen müssten dort eigentlich derzeit mit den wirksamsten Schmerzmitteln - Opiaten - behandelt werden. Doch zumindest eine Million der Leidenden bekommen nur eine ungenügende oder gar keine analgetische Therapie. Tumorschmerz, der bei praktisch jeder fortgeschrittenen Krebserkrankung auftritt, Schmerzzustände auf Grund von Erkrankungen des Bewegungsapparates, chronischer Kopfschmerz, quälende Nervenschmerzen (Neuralgien), Polyarthritis und psychosomatisch bedingte Schmerzen sind die häufigsten Formen. Wenn aus akutem Schmerz chronischer wird Wesentlich: Chronischer Schmerz wird häufig "erlernt". Er beginnt akut, eine mangelhafte Therapie aber kann zum Abgleiten in chronische Symptome führen. Dr. Wolfgang Sohn, Nordrhein-Westfälischer Allgemeinmediziner, Psychotherapeut und Schmerzspezialist: "Mit der Behandlung von Schmerzen muss man früh beginnen. Wenn etwas zu brennen anfängt, würde ja auch niemand mit dem Löschen warten." Als Problem zu erkennen Das P.A.I.N-Netzwerk (Pain Associate's International Network) soll in konzertierten Aktionen in ganz Europa eine Verbesserung der Situation der Schmerzpatienten erreichen. Das soll durch Ausbildungsaktivitäten für Mediziner genau so wie durch Patienten-Empowerment geschehen. Dirk Vermeij, niederländischer Allgemeinmediziner und Spezialist auf dem Gebiet der Qualitätskontrolle in der Medizin: "Grundlegend ist, dass man den chronischen Schmerz endlich einmal als ein gewichtiges Gesundheitsproblem erkennt. Zusätzlich müssen die Erreichbarkeit und die Qualität der Schmerztherapie für die Patienten verbessert werden." Aktivitäten Kernpunkt des Programms wird auch eine unabhängige internationale Internet-Plattform sein. Neben Ausbildungsprogrammen für niedergelassene Ärzte soll es weiters zur Netzwerkbildung zwischen Schmerzspezialisten und Allgemeinmedizinern kommen. Bei letzteren sind die meisten Betroffenen in Behandlung. Zusätzlich dazu wird auf Computer-Basis ein Qualitätssicherungsprogramm für Ärzte in der Betreuung von Schmerzpatienten aufgebaut werden. Durch standardisierte Fragen sollen die Ärzte regelmäßig den Zustand der Betroffenen abfragen, dokumentieren - und als Folge die jeweilige Therapie speziell adaptieren. Die Initiative wird vom deutschen Pharmakonzern Grünenthal unterstützt. (APA)