London/Wien - Bei den britischen Kommunalwahlen am Donnerstag wird ein Erfolg der rechtsextremen Britischen Nationalpartei (BNP) erwartet. Rund 22 Millionen Wähler (60 Prozent aller Wahlberechtigten) sind aufgerufen, etwa 6.000 Gemeindeparlamentarier neu zu bestimmen. Der regierenden Labour Party werden dabei vor allem in ihren bisherigen Hochburgen in den großen Städten deutliche Verluste vorausgesagt. Umfragen zufolge wird die Wahlbeteiligung mit lediglich 25 Prozent ein Rekordtief erreichen. In der regierenden Labour-Partei von Premierminister Tony Blair will man nach dem Erfolg des rechtsextremen Kandidaten Jean-Marie Le Pen in der ersten Runde der französischen Präsidentenwahlen einen Vormarsch der bisher weitgehend unbedeutenden BNP mit allen Mitteln verhindern. "Wählt die Konservativen, die Liberal-Demokraten, egal wen", rief Labour-Unterhausabgeordneter Phil Woolas die Wähler in der nordwestenglischen Stadt Oldham dazu auf, der BNP nicht ihre Stimme zu geben. Fünf BHP-Kandidaten Vor allem in Oldham, einer verarmten ehemaligen Industriestadt mit einem hohen Anteil von Angehörigen ethnischer Minderheiten, erwarten sich die Rechtsextremisten einen Erfolg. Bei der Unterhaus-Wahl im Vorjahr erreichte die BNP in der bei Manchester gelegenen Stadt mehr als zehn Prozent der Stimmen. Diesmal schickt die Partei fünf Kandidaten ins Rennen. Im ebenfalls im nordenglischen Industriegebiet gelegenen Burnley, wo die BNP mit 13 Kandidaten antritt, war es im Vorjahr wiederholt zu rassistisch motivierten Ausschreitungen gekommen. Im Sog von Le Pen könnte sich die rechtsextreme Partei nun erstmals in Großbritannien auf kommunaler Ebene etablieren. Bisher hat sie erst einen Gemeinderatssitz errungen, im Jahr 1993 im Londoner Stadtteil Isle of Dog. Am Sonntag forderte der britische Regierungsberater Alastair Campbell die Wähler auf, der BNP keine Stimmen zu schenken und rief zu einer regen Wahlbeteiligung auf. Ein Wahlerfolg der BNP bei den Kommunalwahlen am Donnerstag wäre "verheerend", sagte Campbell. Gleichzeitig veröffentlichte die britische Zeitung "Sunday Times" eine Umfrage, wonach 53 Prozent der Briten ihren etablierten Parteien einen ähnlichen Schock wünschen, wie ihn Le Pen dem französischen Polit-Establishment mit seinem Wahlerfolg verpasst hat. Rekordtief bei Wahlbeteiligung Nach einer von der Londoner Tageszeitung "The Guardian" Ende April veröffentlichten Umfrage gaben lediglich 46 Prozent der Befragten an, sicher zur Wahl gehen zu wollen. Dies lasse eine Beteiligung von höchstens 26 Prozent erwarten. Bisher habe eine niedrige Wahlbeteiligung - etwa bei den Europawahlen im Jahr 1999 - den oppositionellen Konservativen genutzt, diesmal könnten aber Randgruppen wie die BNP, die Grünen oder Namenslisten profitieren. Labour selbst rechnet mit deutlichen Verlusten und wäre schon zufrieden, wenn sie "nur" 500 bis 600 Gemeinderatssitze abgeben müsste. Derzeit halten die Sozialdemokraten rund die Hälfte aller 5.878 neu zu besetzenden Posten. So könnte die Partei von Tony Blair ihre Mehrheit in der Industriestadt Birmingham verlieren, in der sie seit 18 Jahren regiert. Die Konservativen erwarten 150 zusätzliche Sitze. (APA)