Finanzen & Börse
EZB über Inflation in der Eurozone besorgt
Leitzinsen bleiben unverändert
Frankfurt - Die Inflationsrate in der Euro-Zone könnte
in diesem Jahr entgegen früherer Prognosen der Europäischen
Zentralbank (EZB) über zwei Prozent liegen. "Ich bin mir nicht mehr
so sicher wie früher, dass die durchschnittliche Teuerungsrate 2002
unter zwei Prozent liegen wird", sagte Präsident Wim Duisenberg nach
der Sitzung des EZB-Rates am Donnerstag in Frankfurt. Die jüngsten
Daten seien nicht so günstig wie noch vor einigen Monaten erwartet. Dies liege im wesentlichen an dem hohen Ölpreis. "Dennoch halte
ich eine Rate sehr nahe an zwei Prozent in diesem Jahr für
wahrscheinlich." Ein Durchschnitt unter dieser Schwelle sei ebenfalls
noch möglich.
Damit könnte die EZB bereits im dritten Jahr ihre selbst
gesteckten Ziele einer Inflationsrate von höchstens zwei Prozent
verfehlen. Volkswirte sehen damit aber nicht die Glaubwürdigkeit der
Zentralbank gefährdet. "Es sind jedes Mal Sonderfaktoren, die im
Spiel sind, und die zu erwartende Teuerung 2002 wird sehr nahe an der
Schwelle liegen", lautet die Begründung am Finanzplatz Frankfurt. Im
April lag die Teuerung in der Währungsunion nach vorläufigen
Schätzungen bei 2,2 Prozent.
Die Konjunktur wird nach Einschätzung Duisenbergs im Verlauf
dieses Jahres an Fahrt gewinnen und 2003 wieder zu guten
Wachstumsraten führen. "Ende des Jahres werden wir 2 bis 2,5 Prozent
Wachstum beim Bruttoinlandsprodukt erreichen, im nächsten Jahr wird
es darüber liegen." Das günstigere internationale Umfeld sollte vor
allem den Exportsektor in der Eurozone stützen.
Die Stärke des Aufschwungs sei aber nach wie vor ungewiss. Als
größten Risikofaktor bezeichnete der EZB-Präsident das
Leistungsbilanzdefizit der USA. Dies sei eine Gefahr für die gesamte
Weltwirtschaft. "Das derzeitige Niveau von über vier Prozent des
Bruttoinlandsprodukts ist unhaltbar."
Warnend wandte sich Duisenberg an die Gewerkschaften angesichts
der derzeitigen Tarifverhandlungen. "Zu hohe Abschlüsse könnten
zusätzlichen Druck auf die Preisentwicklung, die Schaffung von
Arbeitsplätzen und auf das Wirtschaftswachstum ausüben."
Der EZB-Rat hatte in seiner Sitzung am Donnerstag die Zinsen nicht
angetastet. Damit bleibt der wichtigste Zins zur Versorgung der
Kreditwirtschaft mit Zentralbankgeld bei 3,25 Prozent. Dort steht er
seit dem 8. November. (APA/dpa)