Kosovo
Ibrahim Rugova - Präsident des Kosovo und "Ghandi des Balkans"
Pristina - Der Präsident des Kosovo Ibrahim Rugova
hat am Freitag in Den Haag vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal gegen
den jugoslawischen Ex-Präsident Slobodan Milosevic ausgesagt.
Prozessbeobachter erwarteten Rugovas Zeugenaussage und das
anschließende Kreuzverhör mit Spannung. Sie rechneten damit, dass
Milosevic seinen früheren Rivalen vor Gericht mit allen Mitteln in
die Enge treiben wolle. Milosevic steht seit Februar in Den Haag vor
Gericht; ihm werden mehr als 60 Fälle von Kriegsverbrechen und
Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt. Rugova könnte
eine Schlüsselfigur im UNO-Prozess werden. Für den Kampf der Albaner im Kosovo um eine staatliche
Unabhängigkeit der Provinz hat der Politiker Rugova den
pazifistischen Widerstand gewählt. Der Konflikt mit Belgrad sollte
durch eine Internationalisierung gelöst werden. Den bewaffneten Kampf
der albanischen "Kosovo-Befreiungsarmee" (UCK) unterstütze Rugova,
der auch als "Ghandi des Balkans" bezeichnet wurde, nicht.
Rugova wurde 2. Dezember 1944 bei Istok im Westen des Kosovo
geboren. Er studierte Literaturwissenschaften und lebte eine Zeit
lang in Frankreich. 1988 wurde er Vorsitzender der
Schriftstellervereinigung im Kosovo. Ende 1989 trat er an die Spitze
seiner Demokratischen Liga Kosovos (LDK), die einen albanischen
Schattenstaat in der südserbischen Provinz Kosovo errichtete.
Mit der Eskalation in den Jahren 1998 und 1999 wurde Rugova aber
zunehmend von der politischen Bühne verdrängt. Als im Juni 1999 die
Friedenstruppe KFOR in die Provinz einmarschierte und hunderttausende
vertriebene Albaner zurückkehrten, galt er westlichen Diplomaten als
"lahme Ente". Nur zögerlich kehrte er aus dem Exil in das von den
Vereinten Nationen verwaltete Kosovo zurück.
Dort wurde Rugova nach einem monatelangen Streit mit seinen
Gegnern am 4. März 2002 zum ersten anerkannten Kosovo-Präsidenten
gewählt. Seine Autorität gilt aber als beschädigt, weil es ihm nicht
gelungen war, unter eigener Regie ein politisches Bündnis zu
schmieden. Ungeklärt ist auch, unter welchen Umständen Rugova während
der NATO-Angriffe mit seinem Widersacher Slobodan Milosevic vor die
Kameras trat.(APA/dpa)