Wien - Die weißen Schafe des Baugewerbes sind zufrieden. Wenn die schnelle Eingreiftruppe von Finanzminister Karl-Heinz Grasser illegale Scheinfirmen wirklich so effizient aufmischt, wie angekündigt, kann sich allein das Baugewerbe jährlich 14 Millionen Euro sparen. Wie Bauinnungsmeister, Hans-Herbert Grüner, auf Standard-Anfrage ausführt, zahlen die seriösen Firmen diese Summe schon allein in die Urlaubskassa ein, die Schwarzfirmen zahlen nichts.Grüner geht davon aus, dass rund 20 Prozent der Firmen Scheinfirmen sind, die sich um Abgaben drücken: "Allein in Wien sperren 150 Unternehmen in weniger als zwölf Monaten auf und wieder zu." Dadurch entgehen den Baugewerbeanbietern insgesamt 727.000 € Umsatz. Neue Behörde Wie berichtet, wird die neue Behörde KIAB (Kontrolle Illegaler Ausländerbeschäftigung) im Finanzministerium (FPÖ) angesiedelt und mit 1. Juli ausschwärmen. Irritation löste nur der Umstand aus, dass Grasser die Truppe der im Wirtschaftsministerium seit Jahren erfolgreich eingespielten Schwarzfirmen-Jäger nicht einfach mit "seinen" Fahndern aus Zoll und Finanz aufgestockt hat. Dafür hat er von dort 38 Experten in sein Haus umdirigiert, die Arbeitsinspektoren hingegen verbleiben im Wirtschaftsministerium (ÖVP). Der Finanzminister kann sich aber nicht nur über mehr Kompetenzen freuen, sondern auch über höhere Steuereinnahmen. Auf der Spur sollen die Steuerschnüffler insbesondere jenen Scheinfirmen geschickt werden, die die Vorsteuer zwar in Abzug bringen, ihrer Mehrwertsteuerpflicht aber nicht nachkommen. Dadurch entgehen dem Fiskus laut Grasser rund 200 Mio. € jährlich. "Reverse Charge Systems" Vorausgesetzt, die EU bewilligt diese Änderung der Mehrwertsteuerpflicht, sollen die illegalen Steuermachenschaften mittels des so genannten "Reverse Charge Systems" hintangehalten werden: Dabei liefert der Auftraggeber (z.B. der Generalunternehmer) bei einem 100.000-€-Auftrag die 20.000 € an Mehrwertsteuer nicht an den Lieferanten ab, sondern direkt an das Finanzamt. Der Subunternehmer wäre dann nicht mehr vorsteuerabzugsfähig. Der von der Branche befürchtete "Anschlag" auf die Generalunternehmer ist demnach ausgeblieben. Wie der Standard bereits Mitte April berichtete, wollte das Finanzministerium die Generalunternehmer ursprünglich für die von ihren Subunternehmern verursachte Steuerausfälle in die Pflicht nehmen, indem diese von der Rechnung des Sublieferanten 15 Prozent direkt an das Finanzamt transferieren sollten. Offen ist, wie hoch die entgangene Lohnsteuer und Sozialversicherungbeträge sind. (Monika Bachhofer, Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Printausgabe 4.5.2002)