Nahost
UNO-Organisation warnt vor humanitärer Krise im Gaza-Streifen
Ex-IKRK-Präsident über Ende der Jenin-Mission enttäuscht
Genf - Das UNO-Hilfswerk für
Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) warnt vor einer humanitären Krise im
Gaza-Streifen. Das Gebiet sei seit Beginn der israelischen
Militäroffensive am 29.März vollständig abgeriegelt, sagte
UNRWA-Sprecher Rene Aquarone am Freitag in Genf. Die israelischen
Behörden blockierten weiterhin die Einführung von
Grundnahrungsmitteln, Medikamenten und Benzin. Sie weigerten sich
auch, die Einschränkung der internen Bewegungsfreiheit für Güter und
Personen zu lockern, sagte Aquarone weiter. Die humanitären
Operationen der UNO-Organisation würden ernsthaft behindert. Aquarone betonte, die UNRWA habe für ihre Fahrzeuge im
Gaza-Streifen kein Benzin mehr. Die UNO-Organisation habe sich
bereits mehrmals ohne Erfolg an die israelischen Behörden gewandt.
Benzin könne zwar auf dem freien Markt für einen 500 Mal höheren
Preis beschafft werden. Man wolle aber keine Spendengelder vergeuden.
Wenn Israel die Abriegelung nicht aufhebe, erhielten die rund
600.000 Flüchtlinge, die auf die Unterstützung der UNO-Organisation
angewiesen sind, keine Lebensmittel. Im Gazastreifen leben 65 Prozent
der 1,1 Millionen Einwohner unter der Armutsgrenze mit weniger als
zwei Dollar pro Tag.
Der frühere Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz
(IKRK), Cornelio Sommaruga, hat sich enttäuscht über den Abbruch der
UNO-Jenin-Mission gezeigt. Er könne die Entscheidung von
UNO-Generalsekretär Kofi Annan wegen des fehlenden Willens Israels
zur Zusammenarbeit aber verstehen, sagte Sommaruga am Freitag in
Genf. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Kommission habe er Annan
vorgeschlagen, internationales Personal in den palästinensischen
Flüchtlingslagern abzustellen, um die dortige Bevölkerung besser zu
schützen.
Die UNO-Untersuchungskommission sollte ursprünglich prüfen, ob
israelische Soldaten bei ihrer Besetzung des Flüchtlingslagers
Dschenin Massaker verübten. Annan löste das Gremium wegen des
israelischen Widerstandes am Freitag auf.
DieMenschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat in einem am
Freitag veröffentlichten Bericht keine Beweise für palästinensische
Vorwürfe gefunden, die israelische Armee habe in dem Flüchtlingslager
Jenin ein Massaker an Zivilisten verübt. Israel hat die Vorwürfe
stets zurückgewiesen.
Die israelische Armee habe jedoch möglicherwise Kriegsverbrechen
begangen. Es seien 52 Palästinenser identifiziert worden, die in
Jenin bei den acht Tage andauernden Kämpfen getötet worden seien.
Darunter seien 22 Zivilisten gewesen. "Viele der Zivilisten wurden
willkürlich oder rechtswidrig getötet", heißt es in dem Bericht.
"Wir bestreiten kategorisch, dass in dem Lager Kriegsverbrechen
begangen wurden", sagte ein Armeesprecher. Die hohe Zahl der
getöteten israelischen Soldaten sei Beweis für die großen
Anstrengungen der Armee, palästinensische Zivilisten zu schonen. Bei
den Kämpfen waren 23 Soldaten ums Leben gekommen. (APA/sda/AFP/Reuters)