Wir wissen zwar nicht, wohin die Reise geht, aber so sind wir schneller dort." Nach diesem Motto verfährt man in Brüssel derzeit in der Frage der Stammzellen. Da gibt es die Erkenntnis, dass jene aus Embryonen das Zeug zu echten Wunderwuzzis haben - das Potenzial, sich in alle erdenklichen Körperzellen zu verwandeln. Und es gibt den sehnlichen Wunsch der Biomedizin, diesen Prozess in den Griff zu bekommen. Und weil ja eines Tages etwas herauskommen könnte bei entsprechenden Versuchen, nämlich etwas Markt- und Investorenträchtiges, finden es nun Romano Prodis Ethikberater ethisch, die Wunderwuzzis kurzerhand einmal zu patentieren.Das Patentamt in München wird das wohl umsetzen. Das bedeutet zwar nicht, dass damit nicht mehr geforscht werden darf. Aber dass es sich nicht mehr rechnet. Wer beforscht schon gern von anderen patentierte embryonale Zelllinien, wenn der Gewinn aus den Ergebnissen dann den anderen gebührt? Je nachdem, wie das Patent dann formuliert ist, könnte es den Markt für zu Stammzellen zerlegte Embryonen erst richtig anheizen, die Suche nach Embryozellen beschleunigen, die nicht unters Patent fallen. Und damit nach "überzähligen" oder verkrüppelten In-vitro-Embryonen mit gewissen Genmerkmalen. Nach "Abfallprodukten" noch unpatentierter Klontechniken. Wie bei anderen Patenten auf Leben behindern so Paragrafen die Forschung, weil nicht (nur) Verfahren oder Produkte, sondern quasi schon der Rohstoff patentiert wird. Hauptsache, die EU hat eine Poleposition im Rennen um das Geschäft mit den Embryozellen - selbst wenn dazu nie der Startschuss fällt. Denn noch gibt es damit keine bewährte Therapie, aber viele offene Fragen - nicht nur ethische. Unser Trost: Zumindest PR für den Biotech-Standort EU hat's gebracht. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4. /5. 5. 2002)