Irak
Gusenbauer: Schüssel muss Rechtsextremen- Aufmarsch verhindern
SPÖ-Chef: "Er darf diese Provokation nicht tolerieren"
Wien - Angesichts der für 8. Mai erwarteten Demonstrationen
appellierte SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer am Sonntag an Bundeskanzler
Wolfgang Schüssel (V), "Aufmärsche von Neonazis und Rechtsextremen in
der Wiener Innenstadt" zu verbieten. Die Tatsache, dass "Jörg Haider
als der eigentliche Drahtzieher der FPÖ seine Leute nicht
zurückgepfiffen hat und die geplanten Aufmärsche von Rechtsextremen
und Neonazis offensichtlich dessen volle Unterstützung haben", ist
für Gusenbauer "bedauerlich", aber nicht "überraschend". Nun sei
Schüssel, der als Regierungschef die Verantwortung für seinen
Koalitionspartner trage, gefordert. "Wenn Schüssel auch nur einen Funken von Verantwortungsbewusstsein
für dieses Land hat, darf er diese Provokation am Tag der Befreiung
vom Nazi-Regime nicht tolerieren", so Gusenbauer in einer Aussendung.
Zur Entscheidung, den Heldenplatz zu sperren, merkte der SPÖ-Chef an:
"Administrative Ausweichmanöver allein sind zu wenig." Die
Entscheidung war auf Grund eines Ärztekongresses und anschließenden
Balls in der Hofburg gefallen.
Gusenbauer forderte Schüssel auf, am Jahrestag der Befreiung des
Konzentrationslagers Mauthausen "klare Worte der Distanz zum braunen
Gedankengut des Koalitionspartners zu finden, sein deutliches Nein zu
Neonazi-Aufmärschen zu deponieren und ein Verbot zu erwirken". Gerade
heute, wo Österreich jener Menschen gedenke, die im KZ Mauthausen von
den Nationalsozialisten gefangen gehalten und ermordet wurden,
darunter auch viele Christlich-Soziale, sei dies von Schüssel zu
erwarten. "Die Lehre der Lagerstraße war für Figl und Raab prägnant,
Schüssel sollte sie nicht verdrängen", so Gusenbauer. Dass der
Kanzler bis heute, drei Tage vor den geplanten Aufmärschen, "die
heuer zu einer rechtsextremen Kultveranstaltung werden sollen",
geschwiegen habe, sei "nicht zu rechtfertigen".
Die SPÖ sei nicht nur aus Sorge über eine weitere Eskalation rund
um dieses Thema, über eventuelle Ausschreitungen und den Ruf
Österreichs für ein Verbot rechtsextremer Kundgebungen, sondern
stütze sich auch auf rechtliche Grundlagen, hielt Gusenbauer fest. Er
verwies dabei auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg.
4524/63): "Die Pflege der Tradition der ehemaligen deutschen
Wehrmacht ist rechtswidrig und staatsgefährlich. Ist der Zweck einer
geplanten Versammlung, diese Tradition zu pflegen, so ist die
Versammlung wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und des
öffentlichen Wohles zu untersagen." "Die Abhaltung von
Kameradschaftstreffen ist zu untersagen, wenn durch sie eine
Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu
befürchten ist." (vgl. VfSlg. 8610/1979, 9646/1983).
Rauch-Kallat - "Neonazi-Aufmärsche grundsätzlich verboten"
"Aufmärsche von Neonazis sind in Österreich auf Grund
des Verbotsgesetzes grundsätzlich verboten", hielt
ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat am Sonntag im Zusammenhang
mit der Debatte rund um die Demos am 8. Mai fest. Österreich sei
dabei ein Vorbild für viele andere Staaten, die keine entsprechende
gesetzliche Regelung haben. Das wisse auch SPÖ-Chef Alfred
Gusenbauer, "der mit seinem heuchlerischen Appell an den
Bundeskanzler, das Verbot solcher Aufmärsche zu erwirken,
offensichtlich eine Polarisierung im Vorfeld des 8. Mai erreichen
will und nicht an Deeskalation und einem breiten demokratischen
Grundkonsens interessiert ist". Gusenbauer handle damit
"verantwortungslos", so Rauch-Kallat.
"Es entspricht auch keineswegs dem von Gusenbauer scheinheilig
beschworenen Geist der Lagerstraße, wenn man der Freiheitlichen
Partei, also einer demokratischen Partei im Nationalrat, unterstellt,
dass sie Aufmärsche von Neonazis offensichtlich voll unterstütze und
nicht zurückpfeife und so tut, als müsse nun die Volkspartei
entschieden einschreiten", sagte die ÖVP-Generalsekretärin. "Der
linkslastige SPÖ- Vorsitzende zieht mit solchen letztklassigen
Anschuldigungen das Erbe der Gründerväter der Zweiten Republik in den
Schmutz, die sich über alle politischen Gegensätze hinweg die Hand
zur Zusammenarbeit gereicht haben", kritisierte Rauch-Kallat.
Die Volkspartei würde jedenfalls "nie auf die Idee kommen, dem
SPÖ- Vorsitzenden zu unterstellen, er wolle linksextreme
Gewaltausschreitungen bei Demonstrationen, nur weil die SPÖ unser
politischer Mitbewerber ist." Aber darin liege im Moment offenbar der
Unterschied zwischen den österreichischen Parteien: "Während die
Volkspartei auch in der Opposition immer eine konstruktive Rolle im
Interesse der gemeinsamen Werte unserer Demokratie gespielt hat,
verfällt die SPÖ unter Gusenbauer mehr und mehr in ein
kompromissloses Freund-Feind- Verhalten, von dem die Menschen in
unserem Land gehofft haben, dass es längst überwunden ist", so
Rauch-Kallat.
Zu den Werten der österreichischen Demokratie gehöre das
Demonstrationsrecht ebenso wie das Recht aller Bürger auf Sicherheit.
"Wir werden unserer Verantwortung als politische Parteien nur
gerecht, wenn wir diese Grundlagen unseres demokratischen
Rechtsstaates gemeinsam außer Streit stellen und verteidigen", sagte
Rauch-Kallat. Eine Versammlung könne jedenfalls nur untersagt werden,
wenn von vornherein klar sei, dass dort strafrechtliche Tatbestände
gesetzt werden. "Eine bloße, allgemeine Vermutung in diese Richtung
genügt aber in einem Rechtsstaat natürlich nicht, denn sonst müsste
ja auch jede Demonstration der politischen Linken von vornherein
untersagt werden, da es bei solchen Demonstrationen eben leider auch
immer wieder zu Gewaltausschreitungen kommt", hielt Rauch-Kallat
fest.(APA)