Wifo-Experte Markus Marterbauer: Das an und für sich "sehr erfolgreiche" Modell der Arbeitsstiftung darf nicht zum Zwischenparken der Mitarbeiter "zweckentfremdet" werden.

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"Arbeitsstiftungen sollen die Ausnahme für strukturschwache Regionen bleiben und nicht zur Regel werden. Das Ziel ist klarerweise die schnellstmögliche Reintegration von Beschäftigungslosen in den regulären Arbeitsmarkt", sagte VP-Wirtschafts-und Arbeitsminister Martin Bartenstein zum S TANDARD . Die Realität hat die Theorie überholt. Die Liste der Betriebe, die in letzter Zeit in größerem Umfang Mitarbeiter abgebaut haben oder dies noch tun wollen und stets zum Instrument der Arbeitsstiftung greifen, wird wöchentlich länger: Philips in Lebring, Semperit in Traiskirchen, die Telekom Austria, Magna bei Eurostar in Graz, Opel in Wien-Aspern, Austriamicrosystems in Unterpremstätten, um nur die Bekanntesten zu nennen. Zweckentfremdung Kritiker des neuen Lieblingssports der Industrie weisen auf die zunehmende "Zweckentfremdung" hin. Dazu gehört auch Markus Marterbauer vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Das an und für sich "sehr erfolgreiche" Modell der Arbeitsstiftung dürfe nicht zum Zwischenparken der Mitarbeiter "zweckentfremdet" werden, sagt der Wifo-Mann. So geschehen im Falle des Magna-Eurostar-Werkes in Graz oder gerade in Verhandlung beim Opel-Werk in Wien-Aspern. Große Teile der Stammbelegschaft werden bis zum nächsten Großauftrag in die Umschulungskurse der Stiftung ausgelagert, und das teils auf Kosten des Steuerzahlers. Sozialisierung der Verluste Wenn man die früheren öffentlichen Förderungen dazunimmt, fällt in Diskussionsrunden schnell das Wort von der "Privatisierung der Gewinne und der Sozialisierung der Verluste". In das Eurostar-Werk sind seinerzeit rund 600 Mio. S an öffentlicher Subventionshilfe geflossen, bei Semperit waren es 1,2 Mrd. Schilling. Dennoch, so der steirische Wirtschaftslandesrat Herbert Paierl, ist "mir das Stiftungsmodell immer noch weit lieber als das reine Zwischenparken der Gekündigten in der Arbeitslosigkeit. Da wird der Steuerzahler zu hundert Prozent zur Kasse gebeten." Betriebe ersparen sich Personalkosten Auf maximal vier Jahre sind Arbeitsstiftungen angelegt. Die öffentliche Hand finanziert in dieser Zeit über das Arbeitsmarktservice (AMS) das so genannte "Schulungsarbeitslosengeld" für die "Stiftlinge", die höher qualifiziert werden sollen. Die Betriebe zahlen statt der sonst fälligen Löhne und Gehälter die Umschulungskurse und ersparen sich damit im großen Stil Personalkosten. AMS-Vorstandschef Herbert Buchinger bestätigt: "Ja, das wird von den Großbetrieben verstärkt genutzt. Einerseits um den Personalabbau sozial abzufedern, aber auch um die Leute weiterhin an den Betrieb zu binden, um sie bei Bedarf wieder einstellen zu können." (Michael Bachner, DER STANDARD, Printausgabe 6.5.2002)