Panorama
Airbus präsentiert auf Berliner ILA neue Sicherheitsmaßnahmen
Kugelsichere Cockpits und Schlafgas gegen Luftpiraten noch Zukunftsmusik
Berlin - Was wäre am 11. September 2001 geschehen,
wenn die Piloten der entführten Flugzeuge ihre Angreifer über Gase in
der Kabinenluft eingeschläfert hätten? Oder durch einen
kontrollierten Druckabfall kampfunfähig gemacht? Seit vor acht
Monaten "gewöhnliche" Passagierflugzeuge zu Waffen mutierten,
arbeiten Sicherheitsexperten fieberhaft an solchen unorthodoxen
Abwehrmethoden. Und während Schlafgas und Druckabfall auf der
Berliner Luftfahrtausstellung ILA noch Gedankenspiele sind,
präsentiert der Flugzeugbauer Airbus in anderen Bereichen bereits
zulassungsreife Umbauten, die Luftpiraten in Zukunft das Leben schwer
machen sollen. Kugelsichere Türen etwa, die mit drei schweren Bolzen schließen
und so das Eindringen von Angreifern ins Cockpit verhindern sollen.
Die Baupläne würden wahrscheinlich noch im Mai von der
Aufsichtsbehörde genehmigt, kündigt Douglas Carlile an, der bei
Airbus für die Ausstattung der Kabinen zuständig ist. Nebenbei
hielten die massiven Türen auch randalierende Passagiere auf Distanz,
die den Fluglinien immer größere Probleme bereiten.
Schusssichere Cockpittüren
An Kunden mit ausgeprägtem Sicherheitsbedürfnis dürfte es den
Konstrukteuren zumindest in den USA nicht mangeln: "Bis April 2003
werden sämtliche US-Fluglinien all ihre Maschinen mit schusssicheren
Cockpittüren ausgestattet haben", sagt Udo Rieder voraus, der bei
Delta Air Lines für die Flugtauglichkeit der Maschinen zuständig ist.
Kugelsichere Türen allein werden allerdings die neue Generation
der Attentäter nicht von Anschlägen abhalten, da sind sich die
Experten sicher. "Mit dem 11. September wurde ein völlig neues
Kapitel in Sachen Sicherheit aufgeschlagen", sagt der Präsident der
Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DGLR), Joachim
Szodruch. Deshalb suchen die Sicherheitsexperten nach weiteren
Abwehrmaßnahmen: So könne im Cockpit vielleicht ein ausgeklügeltes
Identifizierungssystem installiert werden, das fremde Piloten nicht
in die Steuerung des Flugzeuges eingreifen lasse, schlägt der
Münchener Aeronautik-Professor Dieter Schmitt vor. Oder eine
Videoüberwachung der Kabine, damit die Piloten wissen, was hinter
ihnen vorgeht.
Videokameras hat Airbus in sein neues Sicherheitssystem bereits
eingeplant. Außerdem ein internes Alarmsystem zwischen Piloten und
Stewardessen. Und auch eine weitere Schwachstelle will Airbus
beseitigen, die die Attentäter des 11. September genutzt hatten: Sie
schalteten die Transponder aus, die Kennung und Position eines
Flugzeuges auf die Radarschirme der Bodenkontrolle übertragen, und
verwirrten so die Flugsicherung. Airbus will nun mit einem
Transponder arbeiten, der sich nicht einfach ausschalten lässt und im
Falle einer Manipulation automatisch einen Alarm bei der
Flugsicherung auslöst.
Am effektivsten sind jedoch die Sicherheitskontrollen am Boden,
vor dem Start auf den Flughäfen. Vor allem wünschen sich die
Sicherheitsexperten, ihre Passagiere eindeutig identifizieren und
damit auch überprüfen zu können. Eine Möglichkeit dazu bietet die
biometrische Erkennung über das Auge, dessen Iris sich ein Leben lang
nicht verändert und so einzigartig ist wie ein Fingerabdruck. "Kein
Anfassen, keine Karten, keine Pins", fasst Dietmar Fischer zusammen,
der sich auf die Identifikation über die Iris spezialisiert hat.
Selbst wenn sich die Pupille bei Dunkelheit oder nach einem
Arztbesuch weite, arbeite der Computer korrekt, betont er. Auf dem
Amsterdamer Flughafen Schiphol werde das System bereits seit November
erfolgreich bei Grenzkontrollen eingesetzt.
Auch mit perfekten Identifikationsmöglichkeiten wird die Arbeit
der Sicherheitsexperten jedoch nicht zu Ende sein. Ganz im Gegenteil,
sagt Schmitt, der sich für eine anhaltende Fortentwicklung der
Sicherheitsmaßnahmen einsetzt. "Wir müssen alle Aspekte bedenken. Der
nächste Anschlag wird sich sicherlich von den bisherigen
unterscheiden", sagt der Experte. Ähnlich drückt es Carlile aus. Das
Thema Sicherheit sei mit den Anschlägen vom 11. September zu einer
neuen Dimension der Branche geworden, die von jetzt an immer dazu
gehören werde. "Es wird nicht mehr aufhören. Das ist jetzt ein neuer
Teil unseres Geschäfts." (APA/Reuters)