Frankreich
Tauziehen unter Bürgerlichen verzögert Regierungsbildung in Paris
Prominente Ministerkandidaten winken ab
Paris - Ein Tauziehen im bürgerlichen Lager hat am
Dienstag die Bildung einer französischen Übergangsregierung aus
Konservativen und Liberalen verzögert. Der neue Premierminister, der
Rechtsliberale Jean-Pierre Raffarin, kündigte in Paris an, sein
Kabinett werde erst "im Laufe des Nachmittages" vorgestellt. Zuvor
hatte er fast zwei Stunden mit Staatspräsident Jacques Chirac im
Elysee-Palast beraten. Auf
die Frage, ob seine Ministerliste vollständig sei, sagte er im
Anschluss an das Treffen lediglich: "Alles läuft gut."
Mehrere für Ministerämter gehandelte Politiker
sagten Raffarin in letzter Minute ab. Ursprünglich sollte die bürgerliche Regierung bereits am Vormittag
ernannt werden, 24 Stunden nach Raffarins Amtsantritt. Der
Bürgermeister von Toulouse, Ex-Gesundheitsminister Philippe
Douste-Blazy, lehnte eine Beteiligung an der Regierung ab. Er habe
seine Stadt nicht verlassen wollen, obwohl ihm Chirac und Raffarin
einen wichtigen Ministerposten angeboten hätten, sagte der Politiker
der UDF (Zentrumsdemokraten).
Auch andere Ministerkandidaten winkten ab: Der Fraktionschef von
Chiracs neogaullistischer Partei RPR in der Nationalversammlung,
Ex-Innenminister Jean-Louis Debre, wollte nach Angaben seiner
Vertrauten lieber Bürgermeister von Evreux bleiben, statt
Verteidigungsminister zu werden. Diesen Posten sei deswegen der
RPR-Parteichefin Michele Alliot-Marie angetragen worden. Angeblich
erteilte auch der als neuer Finanzminister gehandelte Stahlmanager
Francis Mer dem neuen Premier eine Absage. Französischen
Medienberichten zufolge war zudem die Stellung des
RPR-Spitzenpolitikers Nicolas Sarkozy umstritten. Der 47-Jährige war
lange als möglicher Premierminister gehandelt worden.
Als Favorit für das neue Innen- und Sicherheitsministerium, in dem alle Kompetenzen zur Verbrechensbekämpfung gebündelt werden sollen, galt der Neogaullist Nicolas Sarkozy. Der Chirac-Vertraute und bisherige Generalsekretär des Elysee-Palastes, Dominique de Villepin, könnte das Außenressort übernehmen. Die Vorsitzende der neogaullistischen RPR-Partei, Michele Alliot-Marie, wurde als Verteidigungsministerin gehandelt. Der Chef des Stahlkonzerns Arcelor, Francis Mer, könnte für Wirtschaft und Finanzen zuständig werden.(APA)