Österreich
Niederlande halten an Wahltermin fest
Trotz Ermordung Pim Fortuyns - Beisetzung möglicherweise in Friaul
Den Haag - Die Parlamentswahl in den
Niederlanden wird trotz des Mordanschlags auf den
rechtspopulistischen Politiker Pim Fortuyn wie geplant am 15. Mai
stattfinden. Das teilte Ministerpräsident Wim Kok am Dienstag vor
Journalisten in Den Haag mit. Der 54-jährige ehemalige
Soziologie-Professor Fortuyn war am Montag nach einem
Interview-Termin vor dem Medienzentrum in Hilversum von einem
Attentäter mit mehreren Schüssen getötet worden. Der Anschlag hatte
in den Niederlanden großes Entsetzen ausgelöst. Die Parteien setzten
den Wahlkampf vorübergehend aus. Kok erneuerte einen Tag nach dem
Attentat seinen Appell zu Ruhe und Besonnenheit. Am Vormittag hatte das Kabinett mit Vertretern von Fortuyns
Partei LPF über eine Verschiebung der Wahl beraten. Die LPF hatte
sich dafür eingesetzt, am Wahltermin fest zu halten. Der Soziologe
hatte seinen Wahlkampf mit fremdenfeindlichen Parolen geführt.
Jüngste Umfragen sahen seine erst vor wenigen Monaten gegründeten
"Liste Pim Fortuyn" als zweit- oder drittstärkste Partei bei der
Parlamentswahl. Die Wahl war vorgezogen worden, weil die Regierung
wegen des Srebrenica-Berichts zurückgetreten war. Sie übernahm damit
die politische Verantwortung für das Versagen niederländischer
UNO-Soldaten beim Schutz moslemischer Zivilisten während des
Bosnien-Krieges in der Ortschaft Srebrenica. Dort verübten serbische
Kämpfer 1995 ein Massaker.
Ausschreitungen vor dem Parlament
Nach dem Anschlag war es noch am Montagabend vor dem Parlament in
Den Haag zu gewaltsamen Demonstrationen von Anhängern Fortuyns
gekommen, die sich eine Straßenschlacht mit Polizisten lieferten. Die
Demonstranten warfen Regierung und Medien vor, mit ihrer kritischen
Haltung gegenüber Fortuyn an dem Attentat mitschuldig zu sein.
Fortuyns mutmaßlicher Mörder ist nach Angaben des niederländischen
Justizministeriums ein militanter Anhänger der Umweltbewegung. Die
Polizei habe bei der Durchsuchung der Wohnung des mutmaßlichen Täters
einen Computer und verschiedene Unterlagen beschlagnahmt, teilte ein
Sprecher mit. Zudem seien Patronen des Kalibers gefunden worden, die
den Hülsen am Tatort entsprächen. Die Polizei hatte den Mann wenige
Stunden nach dem Attentat festgenommen.
Politiker quer durch alle niederländischen Parteien äußerten sich
schockiert über den Mord an Fortuyn, der zugleich als Schlag gegen
die Werte der Demokratie gewertet wurde. Gerade die Niederländer sind
sehr stolz auf ihren Ruf, besonders tolerant, liberal und
demokratisch zu sein. Auch international war der Mord mit Entsetzen
aufgenommen worden.
Fortuyn wurden große Gewinne prognostiziert
Fortuyn war mit der Forderung, die Niederlande müssten ihre
Grenzen für Einwanderer schließen, in den Wahlkampf gezogen. In
Umfragen vor dem Attentat waren der "Liste Pim Fortuyn" (LPF) bis zu
20 Prozent der Stimmen vorausgesagt worden. Die Parteien der
bisherigen Mitte-Links-Koalition unter Kok müssen danach allesamt
Verluste erwarten. Vertreter der LPF kündigten an, die Partei werde
trotz des Verlusts ihres medienerfahrenen Anführers im Rennen
bleiben. LPF-Parteisprecher Mat Herben machte vor Journalisten
zugleich die regierenden Parteien mitverantwortlich für das angeblich
verzerrte Bild, das von der Liste und ihrem Spitzen-Kandidaten in der
Öffentlichkeit gezeichnet worden sei. Herben nannte Vergleiche mit
dem französischen Rechtsradikalen Jean-Marie Le Pen und dem Kärntner
Landeshauptmann Jörg Haider (F) "skandalös". Nach Angaben seiner
Partei hatte Fortuyn schon mehrfach Morddrohungen bekommen.
Fortuyn wird möglicherweise in Friaul begraben, wo er ein kleines
Haus besaß. Seit mehreren Jahren besuchte Fortuyn regelmäßig die
Gemeinde Provenzano di San Giorgio della Richinvelda, nicht weit von
der friaulischen Provinzhauptstadt Pordenone. Ein Sprecher des
Gemeinderats bestätigte italienische Medienberichte vom Dienstag,
denen zufolge der Politiker auf dem lokalen Friedhof beerdigt werden
könnte. "Fortuyn war bei uns bekannt, obwohl er jährlich nur wenige
Tage in Provenzano verbrachte, um sich auszuruhen", sagte der
Sprecher. Die Ortschaft zählt zu den attraktivsten Gemeinden in der
Provinz Pordenone. Fortuyns Haus in Rotterdam, die "Casa di Pietro",
ist im Stil einer altrömischer Villa eingerichtet. (APA/Reuters/AP)