Staat & Justiz
Böhmdorfer: Kein Verfahren gegen Haider
Landeshauptmann bezeichnete den Verfassungsgerichtshof als "politisch korrumpiert"
Wien - Der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F) wird
sich wegen seiner Angriffe auf den Verfassungsgerichtshof (VfGH) in
einer Fernseh-"Pressestunde" im Jänner d.J. nicht vor Gericht
verantworten müssen. Dies stellt Justizminister und Ex-Haider-Anwalt Dieter Böhmdorfer (F)
in der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der SPÖ klar. Der
Minister verteidigt darin die Entscheidung der Staatsanwaltschaft
Wien, mehrere Anzeigen zurückzulegen und betont: Er werde dem
öffentlichen Ankläger keine strafrechtlichen Verfolgungsschritte
auftragen."Missbrauch von Kompetenz und Macht"
Haider hatte - im Zuge der Auseinandersetzungen um das
Ortstafel-Erkenntnis des VfGH - in der Fernseh-"Pressestunde" am 27.
Jänner erklärt, dass der VfGH "politisch korrumpiert" sei und
VfGH-Mitgliedern unterstellt, dass "man es sich selbst gerichtet"
habe. Angesichts des Ortstafel-Erkenntnisses warf Haider dem VfGH
einen "Missbrauch von Kompetenz und Macht" vor.
Böhmdorfer: "gerade
noch zulässig"
Der Kärntner Landeshauptmann habe damit weder dem VfGH noch seinen
Mitgliedern unehrenhaftes Verhalten im Sinn des Par. 111
Strafgesetzbuch (Üble Nachrede) unterstellt, meint Böhmdorfer in
seiner Anfragebeantwortung. Beim Vorwurf von "Missbrauch von
Kompetenz und Macht" handle es sich um eine "strafrechtlich gerade
noch zulässige Meinungsäußerung im Rahmen einer öffentlichen
Diskussion" - wenn man diesen im Zusammenhang mit der vielfachen
Forderung Haiders betrachte, dass Fragen der slowenischen Volksgruppe
in Kärnten zu lösen seien.
Auch Haiders "allenfalls tatsachenwidrige" Unterstellung, dass es
sich VfGH-Mitglieder hinsichtlich finanzieller Privilegien "selbst
gerichtet" hätten, begründe nicht den strafbaren Vorwurf
unehrenhaften Verhaltens. Die Besoldung sei nämlich gesetzlich
geregelt, "so dass mit dieser Äußerung lediglich die erfolgreiche
Verfolgung von Besoldungsforderungen gegenüber dem Gesetzgeber
kritisiert worden" sei.
Böhmdorfer bestreitet Intervention
Der Minister beteuert, in dieser Sache mit dem früheren Leiter der
StA Wien, Erich Wetzer, keinen Kontakt aufgenommen und keine
Weisungen gegeben zu haben. Wetzer hatte bereits drei Wochen nach der
"Pressestunde" erklärt, dass die StA kein amtswegiges
Ehrenbeleidigungs-Verfahren führen werde. Der VfGH hat sich Ende
Februar entschlossen, keine strafrechtlichen Schritte zu unternehmen.
Jarolim: Äußerungen Haiders durch nichts zu rechtfertigen
SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim kritisierte Böhmdorfers Aussagen zur Zurücklegung
der Anzeigen gegen LH Jörg Haider. "Der vormalige Anwalt Haiders
zeigt damit, dass er es offensichtlich durchaus für opportun hält,
wenn die höchsten Richter des Landes als politisch korrupt und als
Personen bezeichnet würden, die es sich bezüglich finanzieller
Privilegien selbst richten würden", meinte Jarolim dazu, dass der
Minister ein Verfahren wegen Haiders Kritik am Verfassungsgerichtshof
in der "Pressestunde" nicht für nötig hält.
Die "diffamierenden Äußerungen" Haiders seien durch nichts zu
rechtfertigen. "Damit wurde dem Ansehen einer Säule der Demokratie
ein großer Schaden zugefügt", so Jarolim. (APA)