Jerusalem/Tel Aviv/Washington - Bei einem
Selbstmordanschlag in der Nähe von Tel Aviv sind am Dienstagabend
mindestes 17 Menschen getötet und mindestens 60 weitere verletzt
worden. Die Explosion ereignete sich kurz nach 23.00 Uhr Ortszeit in
einer Spielhalle der Stadt Rishon-le-Zion (bzw. Rishon Lezion). Nach
Polizeiangaben lief ein Mann mit einem Koffer in die Halle im dritten
Stock und zündete die Bombe. Der israelische Ministerpräsident Ariel
Sharon brach nach Bekanntwerden der Bluttat seinen Besuch in den USA
ab. Zum Zeitpunkt des Anschlags hatte er mit US-Präsident George W.
Bush im Weißen Haus über die Lage in Nahost gesprochen. Medienberichten zufolge bekannte sich die militant-islamische
Hamas-Organisation zu der Bluttat. Hamas-Sprecher Mahmud Sahar sagte
jedoch nach Angaben der israelischen Zeitung "Haaretz": "Wir haben
haben keinen klaren Beweis oder Informationen. Aber es ist eine
Märtyrer-Operation. Sie bedeutet, dass Israel seinen Krieg gegen die
Palästinenser verloren hat, und sie hat gezeigt, dass der
palästinensische Widerstand den Feind überall erreichen kann." Nach
Berichten der Zeitung "Jerusalem Post" hat sich zugleich auch die
Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Yasser Arafat zu dem
Anschlag bekannt.
Dem widersprach aber die Palästinensische Autonomiebehörde. Arafat
habe die Tat in schärfster Form verurteilt, sagte der ehemalige
palästinensische Chefunterhändler Sajeb Erekat dem US-Sender CNN. Die
Autonomiebehörde werde alle erdenklichen Maßnahmen ergreifen, sollte
sich bewahrheiten, dass Palästinenser hinter dem Anschlag stehen. Wir
entschuldigen die Tötung von Zivilisten nicht, seien es Palästinenser
oder Israelis, sagte Erekat.
An den Türen der Billard-Halle, wo der Anschlag stattfand, habe es
offensichtlich keinen Wächter gegeben, wie sonst bei fast allen
öffentlichen Gebäuden in Israel üblich. Die Wucht der Detonation ließ
einen Teil des dreistöckigen Gebäudes einstürzen, die Trümmer
begruben zahlreiche Besucher der Spielhalle unter sich.
Der jüngste Selbstmordanschlag ereignete sich kurz nach Beginn des
Treffens zwischen Sharon und Bush. Sharon entschloss sich sofort nach
Bekanntwerden des Attentats zur Rückkehr nach Israel und sagte ein
geplantes Treffen mit amerikanischen Kongresspolitikern ab. Der
israelische Premier hatte mit Bush die Lage in Nahost erörtert. Beide
konnten aber nicht ihre Differenzen in mehreren zentralen Fragen des
Friedensprozesses überbrücken.
Nach dem einstündigen Treffen bekräftigte Bush seine Forderung
nach einem eigenen Staat für die Palästinenser. Sharon entgegnete, es
sei verfrüht, über dieses Thema zu diskutieren, solange Arafat seine
Regierung nicht reformiert habe. Differenzen gibt es zudem zur
künftigen Rolle Arafats und Saudi-Arabiens. Bush kündigte an, erneut
den Chef des Geheimdienstes CIA, George Tenet, in den Nahen Osten zu
entsenden. Er soll den Palästinensern bei der Terrorbekämpfung zur
Seite stehen.
Im Hinblick auf Arafat äußerte sich Bush zurückhaltend. Er
überlasse es Sharon, wie dieser mit Arafat umgehen wolle. Er werde
seinem "Freund, dem Ministerpräsidenten" niemals dazu irgendwelche
Ratschläge geben, sagte Bush vor Journalisten nach dem Treffen.
Wiederholt hatte Bush allerdings schon in der Vergangenheit von
Arafat gefordert, dieser solle mehr gegen den Extremismus zu tun. Die
Rolle Arafats, des gewählten Vertreters des Palästinenservolkes, hat
Bush allerdings bisher nicht öffentlich in Frage gestellt.
Viele Israelis hatten in den vergangenen Tagen begonnen, sich
wieder etwas sicherer zu fühlen. Die Lokale und öffentlichen Plätze
auch in Tel Aviv waren stärker belebt. Der bisher letzte
Selbstmordanschlag fand am 12. April statt, als eine junge Frau mit
einer Bombe an einer Bushaltestelle in Jerusalem sechs Menschen mit
sich in den Tod riss.
(APA/Reuters)