Österreichs kuriosestes und idyllischstes Heilbad liegt am Dorfrand von Längenfeld im mittleren Ötztal und wird - zum Nulltarif - von der Bevölkerung der engeren und inzwischen auch weiteren Umgebung frequentiert. Eine Blockhütte dient zum Umkleiden, eine Tafel verbietet Lärmen und nächtliche Lagerfeuer, und eine Box sammelt freiwillige Beiträge zur Reinigung und Instandhaltung der Anlage.
Bekannt war die warme Quelle schon bei adeligen und klösterlichen Grundherren des Mittelalters. Eine erste Wasseranalyse vom Jahr 1830 spricht dann von einem "mit schwefeligem Wasserstoffgas geschwängerten Wasser, welches wohl das reinste unter den bisher bekannten Quellen sein dürfte". Kein Wunder, dass, als gegen Ende des 19. Jahrhunderts europaweit ein Heilbäderboom einsetzte, auch die Längenfelder Schwefelquelle kurmäßig genutzt wurde. 1893 eröffnete ein Hotel, in den folgenden Jahrzehnten war die Kuranlage in allen amtlichen Bäderbüchern eingetragen.
Um 1930 aber ging durch Eingriffe in den Wasserhaushalt der an sich schon schwache Schwefelgehalt stark zurück, und schließlich verlegte eine Mure die Quelle. Der Kurbetrieb wurde eingestellt, das Kurhotel irgendwann einmal abgerissen. Erst in den Achtzigerjahren erinnerte man sich im Ötztal wieder an die versiegte Quelle und begann mit Bohrungen, die 1991 in 944 Metern Tiefe Erfolg hatten. 30 Grad warmes Schwefelwasser wurde zutage gefördert, und weitere Bohrungen stießen schließlich in noch größerer Tiefe auf noch heißeres Wasser: Mit sommers wie winters 39 Grad fließt es aus einem gefassten Rohr in ein einfaches, steingefasstes und gegen Versickern abgedichtetes Freiluftbecken, in dem gerade einmal zehn Personen Platz haben. Über zwei weitere Becken (35 und 29 Grad) rinnt das Wasser dann in einen schmalen Bach. Ein eigener Wasserstrahl fließt über eine Rinne in einen Holztrog und dient als Trinkbrunnen. Laut Beurteilung durch das Institut für Physiologie und Balneologie der Universität Innsbruck wird das Thermalwasser nämlich nicht nur als Heilbad bei Erkrankungen der Bewegungsorgane, der Wirbelsäule und der Gelenke sowie bei Rheuma empfohlen, sondern auch für Trinkkuren und Inhalationen bei leich- ten Fällen von Zuckerkrankheit und Gicht.
Das Längenfelder Freiluftbad mit Gletscherblick ist leider ein Paradies auf Abruf. Längst wälzen nämlich Gemeinde und Tourismusverband, die sich zu einer Quellenerschließungsgemeinschaft zusammengeschlossen haben, ehrgeizige Pläne. Längenfeld, das mit einem vom Volkskundler und Dialektdichter Hans Haid konzipierten Ötztaler Heimatmuseum die vorindustrielle Geschichte des Tales in beachtenswerter Weise dokumentiert, nascht als "Vorort" von Sölden an dessen Gletscherski-Tourismus nur bescheiden mit. Das soll anders werden. Mit einem riesigen Wellness-Center, das aus dem rustikalen Freiluftbad eine Schwefelthermalanlage mit Saunalandschaft, Therapiezentrum und Gesundheitshotel macht, will "Bad Längenfeld" im Tourismusgeschäft kräftiger als bisher punkten. 2005, so gibt man sich bei der Längenfelder Tourismusinformation optimistisch, könnte die Anlage in Betrieb gehen. Das Bad in seiner jetzigen Form wird es wahrscheinlich nur mehr bis Ende 2003 geben.