Wien - Ohne größere Zwischenfälle ist am Mittwoch in Wien der Demo-Abend zum Jahrestag der Kapitulation Hitler-Deutschlands mit Kundgebungen von Burschenschaftern und Gegenveranstaltungen verlaufen. Während knapp 400 Burschenschafter in der Hofburg der Toten der Weltkriege gedachten, zogen Gegendemonstranten durch die Innenstadt und um die von der Polizei errichtete Sperrzone um die Hofburg herum. Am Hof feierten mehrere Organisationen - angeführt von SPÖ, Grünen und SOS Mitmensch - ein "Fest der Demokratie". Die nächste Demo wird morgen, Donnerstag, als Protest gegen die Podiumsdiskussion der Burschenschafter stattfinden. Zu Zwischenfällen kam es am Mittwoch vor allem beim Demonstrationszug durch die Stadt und einer von der Hochschülerschaft organisierten Menschenkette rund um die Universität. Ein "Alter Herr" mit dem traditionellen Band wurde unter Rufen "Nazis raus von unserer Uni" mit Eiern und Tomaten beworfen. Auch der umstrittene "Siegfriedskopf" in der Aula wurde wiederholt Ziel von Attacken, ihm wurde von Vermummten die Nase abgeschlagen. Die Veranstaltung vor der Uni löste sich nach 21.00 Uhr langsam auf. Ursprüngliche Route untersagt Von der Uni aus startete auch der Demonstrationszug des Bündnisses "Verhindert den Nazi-Aufmarsch". Die gewünschte Route durch die Sperrzone war von der Polizei untersagt worden. Der Weg führte daher durch die Innenstadt an der Hofburg vorbei und dann über den Ring wieder zur Uni, wo rund 1.500 Personen mit Musik weiter feierten. Den Burschenschaftern am nächsten kam der Zug mit laut Polizeiangaben 3.000, laut Veranstaltern bis zu 6.000 Teilnehmern gegen 21.00 Uhr in der Augustinerstraße. Dort riegelte die Polizei den weiteren Weg ab, auch Wasserwerfer waren in Stellung. Die Demonstranten reagierten auf die Sperre mit dem Werfen von Eiern und Raketen, sie schrien "Polizisten schützen Österreichs Faschisten" und "Nazis raus". Ein weiterer Zwischenfall ist dem anderen politischen Lager zuzurechnen: Als der Demonstrationszug am Rückweg das äußere Burgtor passierte, meldete sich ein offensichtlich betrunkener Glatzkopf mit einem "Sieg Heil"-Ruf. Der Mann wurde von der Polizei angehalten. Stadler wettert gegen "linken Mob" Den 400 großteils mit Mütze und Band angetretenen Burschenschaftern wurde verbal ordentlich eingeheizt. Der freiheitliche Volksanwalt Ewald Stadler wetterte gegen die "Moral der political correctness". Er kritisierte den "linken Mob", der zwar von Toleranz rede, "aber keinen Respekt vor unserer Überzeugung" habe. Stadler wörtlich: "Wir werden nicht zulassen, dass der linke Mob entscheidet, wer wann wessen in diesem Land gedenkt." Und Zusatz: "Das anständige Österreich kann sich auf uns verlassen." Nach einem Fackelzug vom Josefsplatz in den Schweizerhof in der Hofburg hielt der FP-Abg. Wolfgang Jung eine "Totenrede". Das Gedenken an die gefallenen Soldaten nannte er eine "sittliche Verpflichtung". Wörtlich fügte er hinzu: "Wir lassen uns das ehrende Gedenken an diese leidgeprüfte Generation nicht nehmen." Für die Verschärfung des Klimas machte er die "Linken und die Gutmenschen" verantwortlich, die überzeugt seien, "dass die Straße ihnen und nur ihnen gehört". Nach 21.00 Uhr löste sich auch diese Veranstaltung auf. Die Sperrzone verließen die Burschenschafter unterirdisch: Von der Polizei wurden sie zu der während der Kundgebungen gesperrten U-Bahn-Station "Herrengasse" geleitet, in der die Züge dann wieder hielten. SPÖ-Kundgebung am Hof Mehrere 1.000 Personen hatten sich am Hof versammelt. SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer betonte, der 8. Mai sei "kein Grund zum Trauern". Die Verlierer seien die Drahtzieher des nationalsozialistischen Terrorregimes. Die Sieger, zu denen die "ganz, ganz große Mehrheit der Österreicher" zähle, hätten dagegen "ein Leben in Freiheit und Demokratie" gewonnen. Gleichzeitig kritisierte er, dass Straßen für demokratische Demonstrationen gesperrt, für Trauerfeiern zum 8. Mai aber frei gemacht würden. Der Wiener Bürgermeister und SPÖ-Chef Michael Häupl sagte, Anlass für die Veranstaltung sei, dass im Jahr 2002 zum 57. Jahrestag des Kriegsendes ein Abgeordneter einer Regierungspartei sage, "das ist die totale Niederlage und ein Trauertag". Kritik an Jung - der sich im Vorfeld zur Deutschen Nation bekannt hatte - kam auch von Karl Öllinger. So jemand habe in der österreichischen Politik keinen Platz, meinte der stellvertretende Grüne Klubobmann. Und Ariel Muzicant, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG): "Ja warum wandert der dann nicht nach Deutschland aus?" (APA)