Wien - Nach der - kontroversiellen - Empfehlung der Bioethik-Kommission über die Förderung von Forschungen an embryonalen Stammzellen durch die EU liegt nun die Entscheidung bei der Politik. Von 19 Kommissions-Mitgliedern hatten sich acht gegen eine derartige Förderung ausgesprochen, der mehrheitliche Rest ist unter Auflagen dafür. Bildungsministerin Elisabeth Gehrer wird die noch zu findende österreichische Position beim EU-Forschungsministerrat vertreten. Eine Entscheidung über das fragliche 6. Rahmenprogramm der EU muss noch heuer fallen. In der Empfehlung der Bioethik-Kommission, die nun im Detail im Internet veröffentlicht wurde, stellen die Experten - durchwegs Professoren der verschiedensten Wissenschaftsgebiete - klar, dass die Stammzellenforschung generell "ungeachtet von vorliegenden und vielversprechenden Ergebnissen" noch ganz am Anfang stehe. Vor "übertriebenen oder voreiligen Heilserwartungen" wird ausdrücklich gewarnt. Import derzeit nicht verboten Die Kommission stellt auch klar, dass zwar die Herstellung von embryonalen Stammzelllinien, nicht jedoch der Import solcher Zellen in Österreich nach der derzeitigen gesetzlichen Lage verboten ist. Eine Forschung wäre somit eigentlich statthaft, eine entsprechende Forschungsförderung durch die EU stieße daher nicht auf ein ausdrückliches nationales Verbot. Die Experten halten weiters fest, dass die kontroversielle Situation bezüglich Forschungen an embryonalen Stammzellen nicht zuletzt mit dem unklaren Status des Embryos zusammenhängt. Ab welchem Zeitpunkt einem Embryo der Status der Person mit Menschenwürde und Lebensrecht zukommt, wird durchwegs unterschiedlich beurteilt. Die Entscheidung des Europäischen Parlements, wonach reproduktives Klonen, die Herstellung von Embryonen zu Forschungszwecken sowie die Veränderung des menschlichen Erbmaterials aus der Forschungsförderung der EU ausgenommen bleiben sollen, wird einhellig unterstützt. Unterschiedliche Texte Für die entscheidende Frage - soll Österreich einer Forschungsförderung durch die EU an embryonalen Stammzellen zustimmen - gibt es zwei verschiedene Texte. Johannes Huber (Gynäkologe, Uni Wien), Karl Acham (Soziologe, Uni Graz), Christian Kopetzki (Jurist, Uni Wien), Ulrich Körtner (Theologe, Uni Wien), Heinz Ludwig (Mediziner, Wilhelminenspital), Barbara Maier (Gynäkologin, LKH Salzburg), Christine Mannhalter (Molekularbiologin, AKH Wien), Heinrich Scherfler (Biochemie Kundl), Renee Schroeder (Mikrobiologe, Bio Center Wien), Ina Wagner (Gestaltungs- und Wirkungsforschung, TU Wien) sowie Kurt Zatloukal (Pathologe, Uni Graz) sprechen sich für eine Unterstützung einer solchen Forschungsförderung aus. Kommissionsvorsitzender Huber begründete seine eigene Entscheidung pro Förderung laut Kathpress unter anderem mit neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Diese gezeigt, dass die einzelnen Zellen der Stammzelllinien nicht mehr das Potenzial hätten, dass daraus ein ganzer Mensch entstehen könnte. Dieses Faktum sei ein entscheidender Punkt bei der Diskussionen gewesen, so Huber. Auflagen gefordert Von den Befürwortern wurden einige Auflagen gefordert. So muss es sich um hochrangige, von internationalen Experten vorab geprüfte Forschung handeln, die zu erwartenden Ergebnisse dürfen nicht mit anderen Methoden erreicht werden können. Zur Forschung sollten nur Stammzelllinien verwendet werden, die vor einem bestimmten Stichtag erzeugt wurden, damit soll verhindert werden, dass weitere Embryonen zerstört werden müssen. Auch sollten nur solche Zelllinien zugelassen werden, die aus überzähligen, bei der künstlichen Befruchtung anfallenden, Embryonen stammen, die nicht mehr implantiert hätten werden können. Die Forschungsvorhaben sollten von der unabhängigen, interdisziplinär zusammengesetzten Kommission beurteilt werden. Im Gegensatz dazu unterzeichneten Günther Pöltner (Philosoph, Uni Wien), Holger Baumgartner (Pharmakologe, Uni Innsbruck), Richard Greil (Internist, Uni Innsbruck), Hartmann Hinterhuber (Psychiater, Uni Innsbruck), Josef Isensee (Jurist, Uni Bonn), Gerhard Luf (Jurist, Uni Wien), Meinrad Peterlik (Pathologe, AKH Wien) und Günter Virt (Moraltheologe, Uni Wien) einen ablehnenden Text zur Förderung von embryonaler Stammzellforschung durch die EU. Befürchtung nach neuem Ruf Die Wissenschafter fürchten vor allem, dass mit bereits vorhandenen Stammzell-Linien nicht das Auslangen gefunden werden wird. "Mit großer Wahrscheinlichkeit können die existierenden humanen embryonalen Stammzelllinien nicht dauerhaft, d.h. unter Beibehaltung ihrer fundamentalen Eigenschaften gezüchtet werden", so der Text. So bestehe die Gefahr, dass Forderungen nach neuerlicher Herstellung solcher Zellen und damit nach der Zerstörung von Embryonen erhoben werden. Die Unterzeichner des ablehenden Passus kritisieren auch die von den Befürwortern erhobenen Forderungen. So rechtfertige die "Hochrangigkeit" eines Forschungsvorhabens keine Zerstörung von Embryonen. Die geforderte Alternativlosigkeit bedeute keine Einschränkung von dieser Art der Forschung, da jede methodisch einwandfreie Forschung, die auf Unterschiede zwischen humanen adulten und embryonalen Stammzellen abziele, "von vornherein alternativlos" sei. Die Pflicht zur Transparenz, speziell die Veröffentlichung von einschlägigen Forschungen erachten die Unterzeichner als schwer durchsetzbar. (APA)