Mitte April sorgte in New York ein Paar Champagnerkühler des Wiener Hofgoldschmiedes Joseph Ignaz Würth von 1781 für einen Rekordzuschlag bei Sotheby's. Die auf 150.000 bis 200.000 US-Dollar taxierten Kühler waren ursprünglich Teil des 250 Teile umfassenden Tafelsilbers Herzog Albert von Sachsen-Teschen, dem Kunstsammler und Namensgeber der Albertina. Schon in den 90er Jahren zeichnete sich ein Trend bezüglich des Preisniveaus einzelner Serviceteile ab: Im April 1995 versteigerte Christie's New York zwei schlichte Kerzenleuchter für umgerechnet knapp 45.200 Euro. Ein Monat später toppte Konkurrent Sotheby's sowohl hinsichtlich Angebot als auch Preis: In Genf wechselten eine kleine Suppenterinne für 70.000 Schweizer Franken, sowie zwei große zu 260.000 bzw. schier unglaublichen 400.000 Schweizer Franken, rund 270.000 Euro, den Besitzer.
Die hohen Zuschläge sind hier nicht allein an der künstlerischen Qualität bemessen - die Würth-Dynastie zählte in ihrer Zeit zu einer der renommiertesten Europas - sondern vor allem am Seltenheitswert. Die durch die napoleonischen Kriege in Mitleidenschaft gezogene Staatskasse bedurfte um die Wende zum 19. Jahrhundert dringend einer Füllung.
Der Fiskus entdeckte eine neue Einnahmequelle und die große Silberschmelze begann. Weder in Frankreich, noch in England - den heute bei Silber dieser Zeit dominierenden Nationen - war die Kunst der Gold- und Silberschmiede derart von politischen und wirtschaftlichen Krisen belastet. Deshalb zählen vor 1806 entstandene österreichische Arbeiten heute zu rarer wie begehrter Ware. Nur drei Prozent blieben - durch Verstecken oder dem Erkaufen eines Befreiungsstempels - erhalten. Die Veröffentlichung der Fachliteratur begann erst mit den Punzen-Lexika Waltraud Neuwirths.
Auf Silberobjekten findet sich für einen Laien recht kryptische Anzahl an Punzen und Marken: Beschauzeichen mit Feingehaltsangabe, Repunzierungs- ab 1808 Befreiungspunze sowie die Meister-, Werkstatt-, Manufaktur- oder Fabriksmarken. Soeben erschien ein weiteres Standardwerk Waltraud Neuwirths, das die (2.763) Namens- und Firmenpunzen aus der Zeit von 1781 bis 1866, basierend auf den Punzentafeln des "Wiener Hauptpunzierungs- und Probieramtes", dokumentiert. Unter "Würth" findet sich hier der Eintrag Alois Johann Nepomuks, einem jüngeren Familienmitglied.
Joseph Ignaz war 1770 Meister geworden und erhielt im Rahmen zahlreicher Werkstattarbeiten für den Hochadel den Auftrag für das erzherzögliche Service, das in den Jahren 1779 bis 1782 entstand. Stilistisch ist es den damals tonangebenden Arbeiten französischer Goldschmiede angelehnt, die das Gros der europäischen Höfe mit prächtigem Tafelsilber versorgten. Noch 1910 war das neoklassizistische Service des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen, wie die zeitgenössische Literatur belegt, komplett. 1947 wurde das Tafelsilber dann über die Galerie Fischer in Luzern versteigert und weltweit verstreut. Seit den 80er Jahren tauchen auf dem Kunstmarkt immer wieder Teile auf, zuletzt in New York. Nach heftigen Bietgefechten wurden die beiden Champagnerkühler jetzt für umgerechnet etwa 547.000 Euro der in Bremen ansässigen Galerie Neuse zugeschlagen.