Der Start ins Buch seines Lebens erwies sich für Jonathan Adler Makhurst II als eher kurvenreich. Zwei Monate vor seiner Geburt löste sich die Tragfläche von dem X-77-Düsenjäger, in dem sein Vater "Überschall-Johnny" Makhurst saß. Drei Jahre - also etwa zwanzig Zeilen - später rutschte seine Mutter Gabriel beim Entenfüttern aus, "schlug sich schlimm den Kopf an, rollte ins Wasser und ertrank". So landet Tiny auf der Farm von Granddaddy Jake, "wie ihn jetzt jeder auf seinen Wunsch zu nennen begann". Granddaddy Jake scheint für die Rolle als Mutter+Vater hinreichend geeignet dank eines manchmal ausgeglichenen Wesens, das er der Destillierkunst und einem garantierte Unsterblichkeit verheißenden Indianer-Rezept für Ol'Death Whisper-Whiskey verdankt, von dessen 97-prozentiger Reinheit er täglich lebenserhaltende 0,6 Liter konsumiert. Zwanzig Jahre und ungezählte Dame-Spiele später wird sich ein weibliches Wesen zu ihnen gesellen, die 20-Pfund-Stockentendamenriesin Fup Duck, was nicht unschön klingt zu "fucked up", wie Reim-Poet und Namensspender Granddaddy sinniert, der da schon unsterbliche 99 Lenze zählt.Als 1983 der etwas andere Bildungs- und Erziehungsroman Fup des unbekannten Jim Dodge in den USA erschien, mussten binnen einer Woche vier Auflagen gedruckt werden, was die New York Times Book Review als "Fup-Phänomen" erkannte. Wäre es nach Dodge gegangen, wären Buch und Autor bis heute nur den Mit-Kommunarden seiner Farm in Nord-Kalifornien bekannt, für deren Privatvergnügen er den Klein-Roman zu Papier gebracht hatte. Ein Freund jedoch, Pulitzer-Preisträger Gary Snyder, trug das literarische Kleinod zu einem Verlag. Wenig später boten Simon & Schuster 100.000 Dollar für die Rechte. Seither erschienen weitere, größere Initiations-Romane von Dodge, wie etwa sein Hauptwerk Die Kunst des Verschwindens, dem Dodge-Verehrer Thomas Pynchon das Vorwort schrieb. Die Bekanntheit und den Charme von Fup erreichten sie nicht. Eine geradezu schamlos schöne Ausgabe des Kultbuchs hat nun Rogner & Bernhard herausgebracht. Die schlicht geniale Übersetzung des Makhurst'schen Sprach- und Fluchuniversums ist Harry Rowohlt zu danken, der schon schlechtere Bücher zu hochprozentiger Literatur destillierte. Endgültig zum Muss wird das Lebenskünstler-Opus durch die 60 Zeichnungen, die der Berliner Comic-Künstler Atak beisteuerte, dessen eigenwillige Illustrationen jede zweite Seite des Bändleins zieren. Am Ende, soviel sei schon verraten, sind Frühling und Granddaddy Jake doch nicht unsterblich. Sein Tod aber ist begleitet von einem guten Buch, wohligen Träumen und dem Flüstern der Entenflügel und also durchaus nicht nur unangenehm. Insgesamt schönescheißenochmal ganz schön wichtig, das Buch, für alle, die wie Granddaddy Jake nach Ewigkeit streben. Oder zumindest nach der Kunst stilvoller Arbeitsvermeidung. (Von Cornelia Niedermeier - Album, 11.05.2002)