Preßburg - Der slowakische Premierminister und Vorsitzende der Slowakischen Demokratischen und Christlichen Union (SDKU), Mikulas Dzurinda, lieferte diese Woche einen Rechenschaftsbericht über die Tätigkeit seines Parteienbündnisses, der Slowakischen Demokratischen Koalition (SDK), ab. Im "Abkommen mit dem Bürger" aus dem Jahr 1998 hatte seine SDK nicht nur die radikale Änderung der politischen und moralischen Verhältnisse in der Slowakei versprochen, sondern die ebenso radikale Verbesserung des Lebensstandards. Die Bilanz ist allerdings ernüchternd. Größten Anklang unter den Wahlversprechen hatte die zugesagte Verdoppelung der Löhne und die Zurückdrängung der Arbeitslosigkeit unter die Zehn-Prozent-Grenze gefunden. Die Realität sieht anders aus: Die Reallöhne sind ungefähr gleich hoch geblieben wie vor vier Jahren und die Arbeitslosigkeit beträgt fast 20 Prozent. "Objektive" Beurteilung Dzurinda forderte eine "objektive und ausgewogene" Beurteilung der Leistungen seiner Regierung. Er beschwerte sich zugleich, er sei von seinen politischen Partnern enttäuscht, die diese Versprechen mit unterzeichnet hätten und nun nichts mehr davon wissen wollten. Die erste Reaktionen können ihn in seiner Enttäuschung nur bestätigen: Die heftigsten Attacken kamen von seinen politischen Partnern. Peter Zajac, der 1998 auf der Liste der SDK in das Parlament gewählt worden war, dann aber 2001 sein Mandat niederlegte, schreibt in der Tageszeitung "Sme": "Die Regierung von Mikulas Dzurinda hat nicht einmal ein Reformgesetz vorbereitet, und Dzurinda selbst hat die Hoffnung der Wähler, dass Politiker sich auch anders verhalten können, enttäuscht." Für Zajac ist Dzurindas Bilanz manipuliert: "Die SDK ist im Meer der Kompromisse untergegangen", betonte der ehemalige Gefolgsmann des Premiers. Die SDKU hat die Äußerungen Zajacs postwendend für falsch und demagogisch erklärt. Die politischen Kommentatoren sind aber anderer Meinung: Die Tageszeitung "Pravda" (Samstagsausgabe) titelt über Dzurindas Bilanz: "SDK-Programm - die nicht eingelösten Versprechen." Laut "Pravda" hat sich Dzurinda "in der eigenen Falle gefangen". Dessen Reaktion im Radiosender "Twist": "Das Bild, das die 'Pravda' ihren Lesern über die SDK vorlegt, ist einfach unmoralisch." Die Tageszeitung "Sme" teilt die Ansicht der "Pravda", unterstrich aber, dass allein die Tatsache, dass Dzurinda sich verpflichtet fühle, öffentlich Rechenschaft abzulegen, ein Schritt vorwärts sei. Das letzte Wort wird aber der Wähler haben. Die jüngsten Meinungsumfragen signalisieren, dass die Antwort der Wähler bei der Parlamentswahl im September nicht so zustimmend sein wird, wie es sich der Premierminister wünscht, aber auch nicht so ablehnend, wie es seine ehemaligen Mitstreiter ankündigen. Mit ungefähr zehn Prozent der Wählerstimmen wird die SDKU doch wieder eine wichtige Rolle bei der Bildung einer künftigen Regierung spielen. (APA)