Von Andreas Felber
Wien - Man sollte es ruhig einmal aussprechen: Die Gründung des Vienna Art Orchestra durch Mathias Rüegg war das Beste, was der heimischen Jazzlandschaft passieren konnte. Damals, vor 25 Jahren, als die Wiener Szene im Nachhall der "Arena"-Bewegung nach Ventilen für die im Untergrund brodelnden kreativen Energien suchte. Mit der happeningartigen Performance in Jazz-Gittis Club am Bauernmarkt betrat am 19. Mai 1977 jene Musiker-Generation die Bühne, die in den kommenden Jahrzehnten das Geschehen prägen sollte.

Mittlerweile sind die Zeiten, als man mit der lustvollen Unbekümmertheit frecher Postmodernisten sowohl der verknöcherten Tradition als auch der partiell ritualisierten Avantgarde die lange Nase zeigte, längst vorüber. Das VAO ist selbst zur europäischen Institution mutiert, deren Chef die Jazzhistorie für abgeschlossen befindet, und die folgerichtig kaum eines der Anniversarien auslässt, auf die sich der immer schwerer an seiner Vergangenheit tragende Jazz stützt. Professionalität sollte freilich nicht mit Amtlichkeit verwechselt werden. Das Gros der internationalen Jazzorchester erreicht das konstant hohe Niveau des VAO noch immer bestenfalls in raren Höhepunkten. Dass man also der Vergangenheit nicht nachweinen muss, beweist Mathias Rüeggs Truppe dieser Tage mit ihrem Festwochen-Gastspiel im Ronacher. Gerade das Jubiläumsprogramm Art & Fun zählt zum Geistreichsten, Süffigsten, was im Bigband-Genre in den letzten Jahren abgeliefert wurde.

In zeitrafferartigen Schnitten aneinander gesetzte Zitat-Bilder fassen ohne jeden Spannungsabfall konzentrierte Beiträge von an die kurze Leine genommenen Solisten ein, unter denen mit Thomas Gansch und Georg Breinschmid schon seit geraumer Zeit erneut hochkarätige Talente heranwachsen. Das VAO hat seine Rolle als Rückgrat der österreichischen wie als wichtiger Player der internationalen Jazzszene noch lange nicht zu Ende gespielt. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.05. 2002)