Nikosia - UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat von den Führen der griechischen und der türkischen Volksgruppe Zyperns "aufrichtige" Bemühungen zur Überwindung der seit 28 Jahren andauernden Teilung der Mittelmeerinsel innerhalb des festgelegten Zeitrahmens gefordert. Trotz der "substanziellen Differenzen" sei er überzeugt, dass die Hauptschwierigkeiten bis Ende Juni ausgeräumt werden könnten, sagte Annan zum Abschluss seines Besuches am Donnerstag in Nikosia. Der türkisch-zypriotische Führer Rauf Denktas nannte Annans Erwartungen "unrealistisch". "Ich sage nicht, dass ein Abkommen bis Ende Juni unterzeichnet sein muss. Aber die wichtigsten Fragen sollen bis dahin gelöst sein", betonte Annan im Flughafen von Larnaka; "ich habe beide Seiten aufgefordert, effektiver und intensiver zu arbeiten. Es ist eine historische Gelegenheit", fügte er hinzu. Annan reiste nach Osttimor weiter, das am Montag von der UNO offiziell in die Unabhängigkeit entlassen wird. Denktas hatte zuvor gegenüber dem türkischen Fernsehsender NTV erklärt, Annan habe erkannt, dass es "unmöglich" sei, eine Regelung bis Juni zu erreichen. Am Mittwochabend hatte ein gemeinsames Essen des UNO-Generalsekretärs mit Denktas und dem zypriotischen Präsidenten Glafcos Clerides, dem Repräsentanten des griechischen Bevölkerungsteils, stattgefunden. Nach den Worten Annans sollten sich Clerides und Denktas bei ihren nächsten Treffen auf vier wesentliche Punkte konzentrieren, um bis Ende Juni zu einer grundsätzlichen Einigung und bis Jahresende zu einer Lösung des Zypern-Konflikts zu gelangen. Diese seien die Machtteilung, die Sicherheit, die territoriale Frage und das Eigentum der Bürger, die ihren Besitz bei den Kampfhandlungen im Sommer 1974 verloren hatten. Bei der türkischen Invasion waren rund 200.000 griechische Zyprioten aus dem besetzten Norden vertrieben worden. Denktas hält an "Zwei-Staaten"-Lösung fest Denktas, der seine Forderung nach einer - von der UNO abgelehnten - "Zwei-Staaten"-Lösung erneuert hat, forderte eine Haltungsänderung der Europäischen Union. Brüssel müsse aufhören, Clerides als rechtmäßigen Repräsentanten der ganzen Insel zu betrachten. Dadurch würde eine Konfliktlösung erleichtert, sagte Denktas. Denktas tritt für zwei unabhängige Staaten nach dem Modell Serbien-Montenegro ein, Clerides für einen "Staat, der sich aus zwei völlig selbst verwalteten Kantonen" zusammensetzt. Die Zypern-Resolutionen der UNO sehen die Wiedervereinigung der Insel in Form eines "bikommunalen und bizonalen Bundesstaates" vor. Denktas ist von einem wichtigen Zugeständnis abgerückt, das er bei einem Treffen mit Annan in Salzburg im September 2001 gemacht hatte. Damals hatte Denktas erstmals von einem "gemeinsamen Staat aus zwei Entitäten" gesprochen. Die Türkei hat im Nordteil Zyperns, den sie seit 1974 besetzt hält, 40.000 Soldaten stationiert und mehr als 100.000 Festland-Türken angesiedelt. Ankara hat wiederholt mit der Annexion Nordzyperns gedroht, sollte die EU Zypern als Mitglied aufnehmen. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten 1999 in Helsinki festgelegt, dass eine Lösung des Volksgruppenkonflikts nicht Bedingung für eine EU-Mitgliedschaft Zyperns sei. Griechenland droht mit Blockade der EU-Erweiterung Griechenland wird nach den Worten von Ministerpräsident Costas Simitis "alle legalen und konstitutionellen Mittel" einsetzen, um die Aufnahme Zyperns in die Europäische Union zu erreichen. Nach den Gesprächen von UNO-Generalsekretär Kofi Annan in Zypern sagte Simitis am Donnerstag im griechischen Rundfunk, es gebe in der Türkei einige Kräfte, die sich diesem Beitritt widersetzen. "Wir hoffen, dass die Türkei begreift, dass die Anpassung an das internationale und das EU-Recht in ihrem eigenen Interesse und auch zu Gunsten der türkisch-zypriotischen Volksgruppe sein wird", fügte der Premier hinzu. Griechenland hat gedroht, die EU-Erweiterung zu blockieren, sollte Zypern nicht bei der nächsten Beitrittsrunde aufgenommen werden. Athen sei entschlossen, die EU-Erweiterung mit seinem Veto aufzuhalten, sollte der Republik Zypern wegen des ungelösten Volksgruppenkonflikts die Aufnahme verwehrt werden, hatte Staatspräsident Costis Stephanopoulos erklärt. Zypern, dessen nördlicher Teil seit 1974 von der Türkei besetzt ist, gehört zusammen mit Polen, Tschechien, Estland, Slowenien und Ungarn zu der ersten Gruppe der EU-Beitrittskandidaten.(APA/Reuters/dpa)