Afrika
Lange Schlangen vor Wahllokalen in Sierra Leone
Präsidenten- und Parlamentswahlen: Amtsinhaber Kabbah gilt als Favorit - Blutige Auseinandersetzungen im Vorfeld des Urnengangs
Freetown - Der westafrikanische Staat Sierra Leone hat am
Dienstag mit der Wahl eines neuen Präsidenten und eines Parlaments
einen wichtigen Schritt auf dem Weg zum Frieden zurückgelegt. Schon
im Morgengrauen bildeten sich in der Hauptstadt Freetown lange
Warteschlangen von Wählern. UN-Generalsekretär Kofi Annan würdigte
die Wahl als Meilenstein nach zehn Jahren Bürgerkrieg. Der amtierende Präsident Ahmed Tejan Kabbah war am Morgen der
erste, der unter dem Beifall von 400 wartenden Menschen im alten
Kolonialbezirk von Freetown seine Stimme abgab. Kabbah und seinem
Herausforderer Ernest Koroma werden von den insgesamt neun Kandidaten
die besten Chancen eingeräumt. Koroma leitet die Partei APC, die das
Land 24 Jahre lang regiert hat. Für die ehemalige Rebellenbewegung
RUF trat Pallo Bangura an, während RUF-Anführer Foday Sankoh
inhaftiert ist. Wenn kein Kandidat mehr als 55 Prozent der Stimmen
erhält, wird in zwei Wochen eine Stichwahl erforderlich.
Die Revolutionäre Vereinigte Front (RUF) hatte 1991 die Regierung
gestürzt und die Diamantenminen des Landes übernommen. Sierra Leone
ist trotz seines Diamantenreichtums eines der ärmsten Länder der
Erde. Im Bürgerkrieg kamen mehrere zehntausend Menschen ums Leben.
"Nach diesen Wahlen wird es dauerhaften Frieden geben", sagte
Hassan Bah, dessen rechte Hand von einem RUF-Kämpfer abgeschlagen
wurde. Bei dem Überfall von Rebellen wurde sein neun Monate alter
Sohn getötet und in die Toilette geworfen, sein neunjähriger Sohn
wurde als Kindersoldat verschleppt und seine Frau vergewaltigt.
Für die Beteiligung an den Wahlen waren 2,3 der fünf Millionen
Einwohner Sierra Leones registriert. Um die 112 Parlamentssitze
bewarben sich elf Parteien. Für die Sicherheit der Wahl sorgten
Blauhelmsoldaten und britische Truppen. Die UN-Friedenstruppe von
17.500 Mann soll auch nach den Wahlen die Einhaltung des
Friedensabkommens überwachen. (APA/AP)