Wien - 80 Prozent der Frauen leiden unter der Abnahme der Libido in den Wechseljahren. Obwohl fast alle unter einem oder mehreren Symptomen leiden, suchen nur zwei Prozent eine Therapie für ihre Beschwerden. Das ergab eine europäische Befragung unter 1.802 Frauen zwischen 50 und 60 Jahren, die am Dienstag in Wien vorgestellt wurde.Einbuße an Lebensqualität Dabei stört die Abnahme der Lust ganz offensichtlich die Lebensqualität der Befragten. So sagten 53 Prozent, dass sie sich, wenn ihre Libido abnimmt, älter und unglücklicher fühlen. 29 Prozent erklärten, dass sich ihre Lebensqualität deutlich verbessern würde, wenn sie ein erfülltes Sexualleben hätten. "Frauen jenseits der 50 haben Probleme, offen darüber zu sprechen", sagte die Wiener Psychotherapeutin Gerti Senger. "Dabei wäre das Reden sehr wichtig." Denn 77 Prozent gaben an, dass die Sexualität eine wichtige Rolle in ihrer PartnerInschaft spielt. "Und wenn man nicht über das Tabuthema spricht, dann passieren Situationen, in denen man sich nicht einmal mehr gegenseitig berührt, weil es ja zum Sex kommen könnte", erklärte Senger. Gerade in dem Alter über 50 sei die Gefahr groß, in eine Ecke zu geraten, meinte die Psychotherapeutin. "Solche Frauen finden dann die Erfüllung als Mutter und Familienmensch, aber nicht mehr als Geschlechtspartner." Ich-Akzeptanz Senger riet solchen Frauen die Aktion vor der Diskussion. "Es gibt einen Punkt, wo man mit dem Reden aufhören muss und endlich handeln sollte", sagte die Expertin. Sengers zweite Empfehlung ist Konfrontation statt Depression. "Ich bin ich und ich akzeptiere, dass ich im Alter anders werde", so die Therapeutin. Als dritten Punkt riet sie Kommunikation statt Resignation: "So ist etwa ein Gespräch unter Frauen über dieses Problem enorm wichtig. Die Menopause ist wie die Pubertät eine hormonelle Umbruchsphase. Da muss man das Gefühl haben, damit nicht allein zu sein." "Wir müssen die menopausalen Beschwerden ganzheitlicher sehen und verstärkt nachfragen, unter welchen Beschwerden die Frauen leiden. Nur wenige Frauen sprechen das Problem eines Libidoverlustes von sich aus an", erzählte Univ.-Prof. Dr. Christian Egarter von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde am AKH Wien. Hormone spielen dabei eine wichtige Rolle. "Viele wissen aber nicht, dass auch männliche Hormone für Lust und Libido mitverantwortlich sind", so Egarter. Hormonbehandlung Mit der Substanz Tibolon ist etwa ein Präparat auf dem Markt, das mit einem Hormon sowohl den Östrogen- als auch den Androgenmangel in den Wechseljahren ausgleichen kann. Die betroffenen Frauen müssen nur noch ein Hormon einnehmen, das die Beschwerden der Wechseljahre und den Libidoverlust bekämpft. Eine Untersuchung unter 1.189 postmenopausalen Frauen in Österreich hat nach viermonatiger Therapie gezeigt, dass sich bei den Frauen alle klimakterischen Beschwerden verbessert haben. Egarter: "Die Effekte von Tibolon dürften auf eine Steigerung der Durchblutung im Genitalbereich sowie auf die östrogen/androgene Partialwirkung im Gehirn zurückzuführen sein." (APA)