Reykjavik - Die NATO-Außenminister sind am Dienstag zu einem zweitägigen Treffen in Reykjavik zusammengekommen, um ein neues Kapitel in den Beziehungen der Allianz zu Russland zu öffnen. In der isländischen Hauptstadt wollen die Minister mit ihrem russischen Kollegen Igor Iwanow ein Abkommen besiegeln, das dem früheren militärischen Gegner ein volles Mitspracherecht in Fragen wie der Terrorismusbekämpfung einräumen soll. Weitere Themen der Minister sind die Erweiterung der Allianz und die bestehenden militärischen Lücken zwischen Europa und den USA. Das Abkommen mit Russland wollen die Staats- und Regierungschefs samt dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und US-Präsident George W. Bush am 28. Mai in Rom feierlich unterzeichnen. Vorgesehen ist, dass Russland bei bestimmten Themen als gleichberechtigter Partner den 19 NATO-Staaten gegenübersitzt. Neben der Terrorbekämpfung sollen die 20 in dem neuen Gremium auch in Abrüstungsfragen und der zivilen Notfallhilfe gemeinsam entscheiden. Interne Angelegenheiten wie der Bündnisfall sind weiter den 19 vorbehalten. Auch kann Russland keine Beschlüsse der 19 blockieren. Neuer gemeinsamer Gegner Auf diese Konstellation hatten sich beide Seiten in fünfmonatigen Verhandlungen verständigt. Das Gremium soll auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs in Rom bereits erstmals zusammenkommen. Das Abkommen gilt als Konsequenz der Terroranschläge vom 11. September. Danach hatte Russland den USA seine Unterstützung im Kampf gegen den Terror zugesagt. "Nach 60 Jahren der Entfremdung zwischen Russland und dem Westen gibt es einen identifizierbaren gemeinsamen Gegner", sagte NATO-Generalsekretär George Robertson der britischen Zeitung "Guardian". Deshalb gebe es nun eine "noch nicht da gewesene Zusammenarbeit auf höchster Ebene". Ebenfalls in Reykjavik erwartet werden die Außenminister der bisher neun Kandidatenländer, die sich um die Aufnahme in die NATO bewerben: Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie Bulgarien, Rumänien, Slowenien, die Slowakei, Albanien und Mazedonien. Eine Entscheidung, wer zur nächsten Erweiterungsrunde eingeladen wird, soll aber erst auf dem NATO-Gipfel im November in Prag fallen. Die Aussichten für Albanien und Mazedonien gelten als gering. In Reykjavik soll zudem Kroatien offiziell in den Kreis der Bewerberländer aufgenommen werden. Schließlich wollen die Außenminister über die militärischen Fähigkeiten der Allianz beraten. Es wurde erwartet, dass US-Außenminister Colin Powell seine europäischen Kollegen in Reykjavik zu einem größeren Engagement in Verteidigungsfragen auffordern würde. (APA/AP)