Berlin - Vor dem Hintergrund schlechter Umfragewerte
will die SPD im Wahlkampf stärker auf eine inhaltliche
Auseinandersetzung mit der Union setzen statt eines reinen
Personenwahlkampfs. "Es wird eine Personalisierung geben vor der
Frage, wer das bessere inhaltliche Angebot hat", wird Bundeskanzler
Gerhard Schröder in einem Vorabbericht des Nachrichtenmagazins
"Stern" zitiert. Die SPD wolle dabei mehr auf bereits eingeleitete
Arbeitsmarktreformen verweisen und Projekte für den Ausbau der
Kinderbetreuung herausstellen. Der Vorsitzende des SPD-Arbeitnehmerflügels, Ottmar Schreiner,
warf seiner Partei dagegen mangelndes Profil vor. Der Union hielt
Schröder eine unseriöse Politik vor. Wenn man das Programm der Union
auf seinen Realitätssinn abklopfe, bleibe "ein dröhnendes Nichts",
wird der Kanzler zitiert. "Die Vorschläge, die die machen, kosten 76
Milliarden Euro. Das heißt, die tun so, als hätten sie einen
zusätzlichen Bundeshaushalt zur Verfügung", unterstrich Schröder nach
Magazinangaben. Die Berufung von Lothar Späth zum Ministerkandidaten
der Union für Wirtschaft, Arbeit und Aufbau Ost kommentierte Schröder
mit den Worten: "Wenn es eng wird, holt man immer wieder ihn.
Innovativ ist das nicht."
Schreiner forderte, Hauptthema des SPD-Wahlkampfes müssten
Beschäftigung und Arbeitsmarkt sein. "Hier fehlt noch ein gutes Maß
an inhaltlicher Zuspitzung", sagte er dem Internetdienst FAZ.NET. Die
Siegeschancen der SPD am 22. September beurteilte er kritisch. "Wir
haben in der Tat ein Mobilisierungsproblem."
Zuversichtlich sieht dagegen der SPD-Fraktionsvize Michael Müller
der Bundestagswahl entgegen. Die Sozialdemokraten hätten häufig vor
Wahlen einen kleinen Einbruch hinnehmen müssen, sagte er im
Südwestdeutschen Rundfunk. Dies habe die Partei allerdings immer
wieder durch "starke Kraftanstrengungen" ausgleichen können. Scharf
kritisierte Müller die Politik der Liberalen. Der Kurs der FDP
bedeute eine Entbindung der Politik von Werten und Normen und sei
gerade mit Blick auf rechtspopulistische Tendenzen in Europa
gefährlich.
Im Falle eines Wahlsieges der Union machte FDP-Vize Rainer
Brüderle eine Erneuerung des Steuersystems zur Bedingung für eine
Koalition. Sollte es zu einem Zusammengehen mit der Union kommen,
habe die Durchsetzung von eigenen inhaltlichen Vorstellungen Vorrang,
sagte der FDP-Politiker im Deutschlandradio. Erst danach würden
Personalentscheidungen getroffen. (APA/AP)