Warschau - Nachdem die österreichische Regierung vor allem "Nachbarsverärgerung" betreibe, wolle er versuchen, guten Kontakt zu den osteueropäischen EU-Beitrittskandidaten zu pflegen, umriss SP-Chef Alfred Gusenbauer die Absichten seiner Reise nach Polen. Er traf unter anderem mit dem polnischen Premier Leszek Miller und Staatspräsidenten Alexander Kwasniewski zusammen.

Polen ist das erste Land in einer Reihe, die Gusenbauer demnächst im Osten besuchen will. Danach soll es nach Ungarn und Tschechien gehen. Aufgrund seiner Geschichte, der geostrategischen Lage und seiner Größe sei Polen zweifellos ein Schlüsselland der Erweiterung, so Gusenbauer: "Mit Polens EU-Beitritt erfolgt der wahre Brückenschlag nach Osteuropa."

Neben inhaltlichen Fragen des Beitritts, etwa der Bewältigung des vergleichsweise überproportionierten Agrarsektors, müsse man stets auch den besonderen Stellenwert bedenken, den Polen seiner nationalen Souveränität beimisst. In technischer Hinsicht, so Gusenbauer, sei er bemüht, seinen Gesprächspartnern auch aus eigener österreichischer Erfahrung eines ans Herz zu legen: "Die Strukturen zur Abschöpfung der EU-Fonds müssen schon vor dem Beitritt funktionieren. Sonst verliert man zu viel Zeit, und es wäre ein Treppenwitz der Geschichte, wenn Polen die Töpfe nicht ausschöpfen und plötzlich als Nettozahler dastehen könnte." (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 15.5.2002)