Wien - Justizminister Dieter Böhmdorfer ist für ein Vermummungsverbot, Nationalratspräsident Heinz Fischer dagegen. "Ich bin durchaus dafür", meint Böhmdorfer, "weil ich den Eindruck habe, dass die Vermummung vor allem dem Zweck dient, unerkannt Gewalt auszuüben oder Schaden anzurichten." Heinz Fischer hat dagegen Zweifel, ob es Sinn mache, das dann mit einer knappen Mehrheit im Nationalrat beschlossene Verbot bei absolut friedlichen Demonstrationen zwangsweise durchzusetzen. Sich zu vermummen, um unerkannt Steine in Geschäftsauslagen oder auf Polizisten zu werfen, sei natürlich abzulehnen. Es gebe aber auch andere Beispiele. Fischer führte dabei etwa einen Homosexuellen an, der, ohne sich zu outen, gegen einen Strafparagrafen protestieren wolle.

Die Klubobmänner der vier Parlamentsparteien trafen am Dienstagnachmittag zusammen, um über das Vermummungsverbot zu beraten. Andreas Khol (ÖVP) und Peter Westenthaler (FPÖ) hatten sich bereits im Vorfeld auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt. Haftstrafen soll es nur bei gewalttätigen Wiederholungstätern geben. Innenminister Ernst Strasser will einen weiten Ermessensrahmen für die Polizisten bei Demonstrationen. "Die Umsetzung bedeutet, dass für die Beamten ein Handlungsspielraum da ist, der ermöglicht, einschreiten zu können, aber nicht in jedem Fall einschreiten zu müssen."

Es könnte das letzte gemeinsame Klubobleutetreffen gewesen sein. Grünen-Chef Alexander Van der Bellen ärgert sich: "Khol und Westenthaler decken uns mit Regierungsabsichten zu, und draußen warten schon die Medienvertreter." Derzeit, wo Khol und Westenthaler "wie siamesische Zwillinge agieren", sieht auch SPÖ-Klubobmann Josef Cap wenig Sinn in Klubobleute-Gesprächen.

Der Grüne Karl Öllinger will Innenminister Strasser noch mit einem Nachtrag zum 8. Mai nahe treten. "Die Burschenschafter, die in der Innenstadt aufmarschiert sind, waren zwar nicht vermummt, sondern nur entstellt, aber jedenfalls bewaffnet. Und das verstößt eindeutig gegen das Versammlungsgesetz." In diesem ist im Paragraf 9 festgehalten, dass bei einer angemeldeten Versammlung Bewaffnete nicht teilnehmen dürfen. Die Burschenschafter waren am Josefsplatz mit gezückten Degen unterwegs.

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel dankte am Dienstag, dass die Kundgebungen zum 8. Mai in "friedlicher und würdiger Form" begangen worden seien. Die Kosten für die Polizei - 2400 Beamte waren im Einsatz, um die "rechten" und "linken" Kundgebungen auseinander zu halten - betragen 400.000 Euro. (DER STANDARD, Print- Ausgabe, 15.5.2002)