Kufstein/Wien - Die Computertechnologie hat auch im Bereich
der Rekonstruktion von Verkehrsunfällen Einzug gehalten. Neben der
Unterstützung der Fachleute durch raschere Berechnungen gibt es auch
Modelle, die eine Simulation des Unfalles ermöglichen. Wie der
Sachverständiger für Verkehrssicherheit, Franz Kersche am Mittwoch in seinem Vortrag anlässlich der Österreichischen
Richterwoche in Kufstein erklärte, ist dieses System für
Nichttechniker aber kaum nachvollziehbar. Bei den herkömmlichen Rekonstruktionen wird laut Kersche von der
Endposition der Fahrzeuge zurückgerechnet. Vereinfacht erklärt, wird
anhand eines Weg-Zeitdiagramms die Geschwindigkeit zum Zeitpunkt der
Kollision errechnet. Zahlreiche am Markt befindliche PC-Programme
unterstützen die Experten dabei.
Impulssatz
Für diese Arbeiten werden einfache physikalische Gegebenheiten wie
etwa der Impulssatz angewendet. Blitzschnell lassen sich die
Ergebnisse auch grafisch darstellen. Entscheidend ist, dass es sich
bei diesen Modellen um eine so genannte Rückwärtsrechnung handelt.
Bei der Computersimulation erfolgt die Rekonstruktion laut dem
Experten hingegen durch eine Vorwärtsrechnung. Die Unfallfahrzeuge
werden im Rechenmodell so oft gecrasht, bis sie in die Endlage laut
Unfallprotokoll kommen. Die Bewegung muss natürlich auch
festgestellten Spuren - etwa Schleuderspuren - folgen.
"Stoßhypothese"
Bei dieser Simulation werden allerdings nicht ausschließlich
physikalische Grundgesetze verwendet, erklärte Kersche. Es werde -
untypisch für eine exakte Wissenschaft - eine "Stoßhypothese"
eingesetzt. Problematisch sei das Nachvollziehen von seitlichen
Kollisionen. Neben einer extrem hohen Rechnerbelastung sind hohe
Kenntnisse der Fahrdynamik unbedingt nötig. Für Laien seien diese
Berechnungen kaum nachvollziehbar.
Für die Analyse der meisten gerichtsanhängigen
Schadenersatzprozesse reicht die klassische Rückwärtsrechnung
durchaus, so der Fachmann. Die optisch perfekte Ausgabe der
Simulationsmodelle könnte Richtern, Staatsanwälten, Verteidigern und
Parteien allerdings den Eindruck einer technischen Wahrheit
vermitteln, die tatsächlich nicht gegeben sei. (APA)