Bühne
Gewitterstimmung in Berlin
Die Jury des Theatertreffens muss nach Peymann nun auch scharfe Kritik von Peter Zadek einstecken: Dieser wählte Worte wie "albern" und "opportunistisch"
Berlin - Das 39. Berliner Theatertreffen steht weiter in der Kritik. Nach Claus Peymann hat nun auch Starregisseur Peter Zadek
die Jury der "Leistungsschau" des deutschsprachigen Theaters scharf
angegriffen und den Sinn des Festivals angezweifelt. Die Auswahl der
Inszenierungen gehe nur in eine bestimmte Richtung, "diesmal in die
so genannte junge", und sei deshalb "albern und opportunistisch",
sagte der 75-jährige Theatermacher der Zeitschrift "Stern". Wenn das
Theatertreffen jedoch zum einseitigen Sprachrohr werde, verliere es
seinen Sinn, kritisierte Zadek.Peymanns Vorwürfe
Sowohl Zadek als auch Peymann sind dieses Mal nicht zu dem am
Sonntag zu Ende gehenden Theatertreffen eingeladen worden. Peymann,
Intendant des Berliner Ensembles, hatte der Jury aus Theaterkritikern
vorgeworfen, ihre Auswahl grenze an Zensur. Manche Einladungen der
"ideologiesüchtigen Jury" seien ein Witz oder "organisiertes
Laienspiel", so Peymann.
Gespaltene Publikums-Reaktionen
Bei der "Bühnen-Olympiade" werden dieses Mal vor allem
Inszenierungen junger, experimentierfreudiger Regisseure wie Stefan
Pucher, Rene Pollesch, Stephan Kimmig und Nicolas Stemann gezeigt.
Das Publikum reagierte auf die ungewöhnlichen, teils extremen
Regiearbeiten oft gespalten.
Zadek sagte, ihm sei es "egal", dass er in diesem Jahr mit keiner
seiner Inszenierungen für das wichtigste deutschsprachige
Bühnenfestival ausgewählt worden sei. Er hätte sich jedoch gewünscht,
dass in Berlin - ob im Rahmen des Theatertreffens oder nicht - seine
Inszenierung des "Juden von Malta" von Christopher Marlowe zu sehen
gewesen wäre, die im vergangenen Dezember am Wiener Burgtheater
Premiere hatte.
Zadek: Scharon sei für ihn ein Massenmörder
Der jüdische Regisseur sieht in der Titelfigur des Stücks starke
Ähnlichkeiten mit Israels Premierminister Ariel Scharon. "Mich
interessiert eine Figur wie Scharon, weil er die Rache für
Jahrtausende jüdischer Verfolgung vollzieht. Das hat mich auch an dem
Juden von Malta fasziniert, der ja zum Massenmörder wird", sagte
Zadek dem "Stern". Scharon sei für ihn ein Massenmörder, "wenn man
Arafat oder Bush auch Massenmörder nennt". (APA/dpa)