Wien - Die 2358 österreichischen Gemeinden stehen vor immer größeren finanziellen Problemen. Von den gesamten Mitteln der öffentlichen Hand bekommen sie einen immer kleiner werdenden Teil ab. Besonders krass ist dabei die Lage der größeren Städte. Sie müssen ihre Einnahmen aus eigenen Abgaben fast zur Gänze zum Stopfen der Löcher in der laufenden Gebarung aufwenden. Für Investitionen muss daher immer mehr auf das Verscherbeln des Familiensilbers - sprich: des Gemeindevermögens - zurückgegriffen werden. Dies belegt nun eine Studie des Finanzwissenschaftsinstituts der TU Wien und des Zentrums für Verwaltungsforschung KDZ, die im Auftrag des Städtebunds eine detaillierte Auswertung der Gemeindefinanzdaten von 1993 bis 1999 unternahmen. Demnach kam es in diesem Zeitraum zu einer massiven Zentralisierung der Mittel der öffentlichen Hand: Während der Anteil der Gemeinden am gesamtstaatlichen Abgabenertrag von 12,9 auf 12,2 Prozent sank, stieg jener des Bundes von 68,3 auf 69,9 Prozent. Dazu kommt, dass sich auch die Länder aus den Gemeindekassen bedienten: Ihre steigenden Aufgaben etwa in der Krankenanstaltenfinanzierung und für soziale Transfers ließen sie sich durch erhöhte Umlagen der Gemeinden mittragen. Resultat: Die Investitionen der Gemeinden sind im Schnitt real um sieben Prozent gesunken. Städte besonders krass betroffen Besonders krass betroffen sind dabei von dieser Entwicklung die großen Städte. Die Studie zeigt, wie die Kosten der Erfüllung kommunaler Aufgaben mit der Größe der Gemeinden überproportional steigen: Dies gilt insbesondere für die "ballungsraumspezifischen" und "zentralörtlichen" Aufgaben der Städte, die also über das Gemeindegebiet hinausreichen und auch dem Umland zum Nutzen gereichen. Dazu zählen etwa die Erhaltung von Alters- und Kinderheimen, kulturelle Angebote und spezifische Bildungsanstalten, die Organisation des Nahverkehrs oder die Bezirksverwaltung. Nichts für Investitionen So entsteht Städten über 50.000 Einwohner in ihrer Aufgabenerfüllung ein durchschnittliches Finanzierungsdefizit von 1255 Euro pro Kopf und Jahr, das sie nur zu rund der Hälfte aus ihren Ertragsanteilen im Finanzausgleich abdecken können. Sie müssen auch fast ihre gesamten eigenen Abgabenerträge für die laufende Gebarung aufwenden. Für Investitionen bleibt praktisch nichts mehr übrig. Die Kleingemeinden bis 2500 Einwohnern stehen wesentlich besser da: Ihre Aufgabenerfüllung lässt sich mit den Ertragsanteilen abdecken, die eigenen Abgabenerträge sind für Investitionen frei. Erich Pramböck, der Generalsekretär des Städtebundes, gibt sich da kämpferisch und eröffnet mit seinen Forderungen gleich mehrere Fronten:
  • Es dürfe vor allem keine weitere Aushöhlung der städtischen Finanzen geben. Die vom Finanzminister gefordert Rückzahlung bereits überwiesener Ertragsanteile komme überhaupt nicht infrage.
  • Das Umlage-Unwesen der Länder zulasten der Gemeinden müsse aufhören. Wenn Länder zusätzliche Aufgaben übernähmen, sollten sie die auch selbst finanzieren.
  • Die Abflachung der Progression im abgestuften Bevölkerungsschlüssel bei der jüngsten Reform des Finanzausgleichs sei zulasten der städtischen Wachstumspole gegangen, die gerade für die Entwicklung des ländlichen Raums zentrale Bedeutung hätten. Die Relationen müssten zurechtgerückt werden.

  • Der Finanzausgleich müsste generell stärker an Aufgaben orientiert werden, indem es etwa für zentralörtliche Aufgaben spezifische Finanzierungsinstrumente gebe: "Sonst finanzieren die Wiener mit ihren Steuern die Häuslbauer im Umland mit." (jost, DER STANDARD, Printausgabe 16.5.2002)