Amsterdam - "Langweilig, aber 200-prozentig zuverlässig" lautete im vergangenen November eine Schlagzeile, als Jan Peter Balkenende den Vorsitz der niederländischen Christdemokraten übernahm. Dem Wahlergebnis zufolge wird der 45-Jährige, dessen Aussehen mit dem Zauberschüler Harry Potter verglichen wird, voraussichtlich nächster Ministerpräsident werden."Immer in der ersten Reihe, unschlagbar bei Dame" Balkenendes zurückhaltendes Auftreten im Wahlkampf stand in starken Kontrast zu dem des ermordeten Rechtspopulisten Pim Fortuyn, der die politische Landschaft der Niederlande mit seiner Liste Pim Fortuyn (LPF) in Bewegung gebracht hatte. Zeitungskommentatoren nannten Balkenende einen "Mann ohne Eigenschaften". "Jeder kannte einen Balkenende in der Schule, immer in der ersten Reihe, unschlagbar bei Dame", schrieb ein Kolumnist. Von der Unzufriedenheit der Wähler profitiert Gleichwohl hat Balkenende seine Partei CDA nach acht Jahren in der Opposition wieder zu einer starken politischen Kraft gemacht. Auch die Christdemokraten haben von der Unzufriedenheit der Wähler profitiert, die von Fortuyns Angriffen auf die regierende Mitte-links-Koalition angeheizt worden war. Die "Tut mir leid"-Demokratie Im Wahlkampf warf Balkenende den regierenden Sozialdemokraten vor, sie seien unfähig, trotz der starken Wirtschaftskraft die anstehenden gesellschaftlichen Probleme zu lösen. Es sei eine "Tut mir leid"-Demokratie entstanden, wo sich Minister für fehlgeschlagene Politik zwar entschuldigten, aber keine Konsequenzen zögen. Er sprach sich für verstärkte Integrationsmaßnahmen für die moslemischen Einwanderer aus, anders als Fortuyn forderte er aber keinen Einwanderungsstopp. Erneuerung der Partei versprochen In der Partei heißt es, hinter seinem professoralen Auftreten stecke ein scharfer Verstand. Balkenende stehe hinter den Werten der Partei, einer Mischung aus konservativen Moralvorstellungen und sozialem Gewissen. Den Christdemokraten hatte er bei seiner Wahl zum Vorsitzenden eine Erneuerung versprochen. Bevor die Partei 1994 abgewählt wurde, hatte sie zuvor mehr als sieben Jahrzehnte lang jeder niederländischen Regierung angehört. Balkenende ist Sohn eines Getreidehändlers aus der südwestlichen Provinz Zeeland. Er war Professor für Wirtschaft und ist seit einigen Jahren mit einer Rechtsprofessorin verheiratet. Die beiden wohnen in der Nähe Rotterdams und haben eine Tochter.(APA/Reuters)