Bei den Kommunalwahlen in Montenegro prüften am Mittwoch die zwei unversöhnlichen politischen Blocks noch einmal ihre Kräfte: Die "Sezessionisten", angeführt von Präsident Milo Djukanovic und der regierenden "Demokratischen Partei der Sozialisten" (DPS), und die "Föderalisten", unter der Federführung der oppositionellen "Sozialistischen Volkspartei" (SNP).Nach dem unerbittlichen, mehr emotionalen als pragmatischen Wahlkampf war nach den ersten Hochrechnungen die Erleichterung im Djukanovic' Lager nicht mehr zu kontrollieren: Die Koalition DPS-SDP hatte in zehn von neunzehn Gemeinden die Mehrheit gewonnen und verglichen mit den Parlamentswahlen vom vergangenen Jahr leicht dazu gewonnen. Nach dem Motto "aufgeschoben ist nicht aufgehoben" konnte Djukanovic seine Anhänger doch überzeugen, dass die Unabhängigkeit Montenegros greifbar nahe sei. Und dass obwohl er unter dem Druck der EU das Abkommen über einen Staatsbund mit Serbien unterzeichnen und auf das seit Jahren pompös versprochene Referendum über die Selbstständigkeit der kleinen Adriarepublik für mindestens drei Jahre verzichten musste. Ebenso wenig konnte Vorsitzender der SNP, Predrag Bulatovic, seine Enttäuschung verbergen. Er bezeichnete die Wahlen als "unfair" und "undemokratisch". Aktivisten der DPS seien in der Küstenstadt Budva mit Maschinenpistolen in den Stab der Koalition für Jugoslawien eingedrungen, in Niksic sei in den Parteiräumen der SNP eine Bombe explodiert, meinte Bulatovic und beschuldigte Djukanovic alle Medien zu manipulieren. Auch der Liberale Bund (LSCG), als härtester Befürworter der Unabhängigkeit, konnte keinen Durchbruch erzielen. Die Liberalen stellten die Unterstützung der Minderheitsregierung Djukanovic ein, nachdem dieser von der EU an die Wand gedrängt worden war und auf das Referendum für die Unabhängigkeit verzichten musste. Nach den Kommunalwahlen zeichnet sich die Lösung der Regierungskrise in Montenegro nicht ab. Diese Stichprobe bestätigte noch einmal die Aufteilung der Bevölkerung in unerbittliche Sezessionisten, und kompromisslose Anhänger der Föderation mit Serbien. Montenegro bleibt vorerst unregierbar, und selbst vorgezogene Parlamentswahlen, die sich abzeichnen, werden diesen Status quo nicht verändern können. (Der STANDARD, Print-Ausgabe 17.5.2002)