Kuba
Carter trifft in Kuba 20 Dissidenten
Trotz Havannas Signalen einer Öffnung verharrt Justizminister auf harter Linie
Havanna - Der frühere US-Präsidenten Jimmy Carter ist am
Donnerstag in Havanna mit einer Gruppe von 20 kubanischen Dissidenten
zusammengetroffen. An der Begegnung in einem Büro des
Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) nahmen alle
namhaften Regimekritiker teil, unter ihnen auch der erst am 5. Mai
aus dem Gefängnis entlassene frühere Luftwaffenpilot Vladimiro Roca. Der Dissident Rene Gomez Manzano bezeichnete es nach dem Treffen
als positiv, dass die kubanische Staatspresse Carters Rede vom
Dienstagabend am Donnerstag in voller Länge abgedruckt habe. Carter
hatte darin nicht nur eine Aufhebung des US-Embargos gegen den
kommunistischen Inselstaat, sondern auch demokratische Reformen in
Kuba gefordert. Die Rede in der Universität von Havanna war vom
kubanischen Fernsehen live übertragen, in der kubanischen Presse am
Mittwoch aber zunächst nur in Auszügen wiedergegeben worden.
"Es gibt einen nicht zu leugnenden gesellschaftlichen Wandel in
diesem Land", sagte die unabhängige Ökonomin Marta Beatriz Roque. Sie
war im Juli 1997 zusammen mit Roca, Gomez Manzano und einem vierten
Dissidenten festgenommen worden, nachdem die vier ein kritisches
Positionspapier veröffentlicht und zu einem Boykott der
Kommunalwahlen aufgerufen hatten. Mitte 2000 kam sie aus dem
Gefängnis frei.
Ganz nach der bisher verfolgten harten Linie der Regierung
bezeichnete der kubanische Justizminister Roberto Diaz Sotolongo am
Donnerstag aber das so genannte "Projekt Varela" als einen von der
US-Regierung initiierten Unterwanderungsversuch. Bei dem Projekt
handelt es sich um eine Initiative von Dissidenten, die mehr als
11.000 Unterschriften für ein politisches Reformprojekt gesammelt und
beim Volkskongress eingereicht haben. Sie machen sich eine Bestimmung
der kubanischen Verfassung zu Nutze, die den Bürgern ein
Initiativrecht bei der Gesetzgebung gewährt. Carter hatte das Projekt
in seiner Rede lobend erwähnt. (APA/dpa)