Weltraum
Notfall an Bord der Raumstation ISS
Sauerstoff-Generator ausgefallen - akute Gefährdung der Besatzung wird aber ausgeschlossen
Moskau - Ein Notfall auf der Internationalen Raumstation
ISS hat die drei Astronauten an Bord in Aufregung versetzt. Der
Sauerstoff-Generator für die Bereitstellung von Atemluft habe nach
tagelangen Problemen seinen Geist aufgegeben, teilte die
Flugleitzentrale bei Moskau am Donnerstag mit. "Die Astronauten
verwenden nun Sauerstoff-Patronen als Reserve", sagte der Sprecher
des Kontrollzentrums, Waleri Lyndin, dem Fernsehsender NTW. Eine
akute Gefährdung der Besatzung sei ausgeschlossen. Eine defekte
Sauerstoff-Patrone hatte vor fünf Jahren ein Feuer auf der
mittlerweile versenkten russischen Raumstation Mir verursacht. Die beiden US-Amerikaner Carl Walz und Dan Bursch sowie der
russische Bordkommandeur Juri Onufrijenko wurden angewiesen, den
Sauerstoff-Generator "Elektron" auf eigene Faust zu reparieren.
Bereits Anfang 2001 hatte das Gerät, das Wassermoleküle in Sauerstoff
und Wasserstoff spaltet, Schwierigkeiten auf der ISS bereitet. Nach
der Elektrolyse wird der überflüssige Wasserstoff über eine Leitung
aus der Station ins All geleitet.
Reicht noch für Wochen
In ersten russischen Berichten hatte es zunächst geheißen, der
Hauptgenerator sei ausgefallen. Die in 400 Kilometern Höhe um die
Erde kreisende Station wurde aber weiterhin mit Strom versorgt. Nach
Expertenangaben sollen die Sauerstoff-Reserven an Bord noch Wochen
reichen. Ende Mai startet eine neue Langzeit-Besatzung mit frischen
Vorräten zur Raumstation.
Die russische Raumfahrt hat unangenehme Erinnerungen an den
Einsatz von Spezialkapseln, die im Notfall komprimierten Sauerstoff
verströmen. Nur das beherzte Eingreifen der Kosmonauten verhinderte
1997 auf der Mir, dass die Außenhülle des Moduls beschädigt wurde.
Das hätte unweigerlich zum Tod der Besatzung geführt.
Negativbeispiel "Mir"
Immerhin musste die Mir-Besatzung nach dem Vorfall einen Tag mit
Gasmasken durch die Raumstation schweben, um sich vor den ätzenden
Dämpfen zu schützen. Seit jener Zeit gehört der Ausfall des
Sauerstoff-Generators zum Übungsprogramm für alle Weltraum-Besucher.
Von größeren Pannen blieb die seit November 2000 ständig bemannte
ISS bisher verschont. Im Februar 2001 trudelte die Raumstation nach
einem Computerfehler über Stunden im All. Dagegen waren die Probleme
der Mir deutlich gefährlicher.
Unvergessen in Raumfahrerkreisen ist bis heute der Zusammenstoß
mit einem Raumfrachter, der die Mir fast zum Absturz brachte und bei
dem verantwortlichen Kommandeur, Wassili Ziblijew, Herzprobleme
auslöste. Hinzu kamen in den knapp 15 Mir-Betriebsjahren im All
beschädigte Sonnensegel, Energiekrisen wegen defekter Bordcomputer
und ein rapider Kurswechsel, nachdem an Bord aus Versehen das falsche
Computerkabel gezogen worden war.
(APA/dpa)