Es kam, wie es vorhergesagt wurde: Die regierenden niederländischen Sozialdemokraten erlitten eine verheerende Schlappe, die bisher oppositionellen Christdemokraten konnten ordentliche Gewinne einfahren. Das deckt sich im Großen und Ganzen mit der derzeitigen politischen Entwicklung in Europa, der alte Kontinent wird mehrheitlich konservativ regiert, die Sozialdemokratie gerät ins Hintertreffen. Eine niederländische Besonderheit bleibt aber der erstaunliche Erfolg der Liste des ermordeten Rechtspopulisten Pim Fortuyn. In einem Land, in dem beispielhafter sozialer Friede herrscht, es praktisch keine Arbeitslosen und kaum Armut gibt, schaffte die Fortuyn-Liste mit ihren verstörenden Parolen auf Anhieb den zweiten Platz im Parlament. Dieser Erfolg ist nicht nur auf die Trauer um den schillernden Politstar Fortuyn zurückzuführen, ohne den seine Partei ein Fähnlein verwirrter, regierungsunfähiger Querköpfe bleiben wird, dieser Erfolg ist eine klare Absage an das bisherige politische System. Das "Polder-Modell", diese niederländische Spielart der österreichischen Sozialpartnerschaft, steht nun kurz vor dem Ende. Zwanzig Jahre war dieses Modell der Konsensdemokratie den Niederländern so heilig wie dem Inder die Kuh, jetzt interessiert die Art der Entscheidungsfindung zwischen Unternehmern und Gewerkschaften den Wähler kaum mehr: Sie ist trotz allen unbestreitbaren Erfolgen einfach zu langweilig, zu unflexibel geworden. Sie erreicht die Menschen nicht mehr. Pim Fortuyn verkörperte wie kein Zweiter eine spannungsgeladene, mediengerechte und neue Art der Politik, die stellvertretend für den Bürger die richtigen Fragen stellte, aber trotz allem auch keine Antworten hatte. Die etablierten Parteien hielten hingegen zwar alle möglichen Antworten parat, allerdings nur auf Fragen, die offensichtlich niemanden mehr interessierten. Und uninteressante Parteien werden eben bestraft. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16. Mai 2002)