Gefängnisstrafe für jordanische Ex-Parlamentarierin
Liberale hatte der Regierung Korruption vorgeworfen
Redaktion
,
Amman - Ein Militärgericht hat am Donnerstag eine
ehemalige jordanische Parlamentarierin zu einer eineinhalbjährigen
Gefängnisstrafe verurteilt. Die 53-jährige Tujan Faisal hatte in
einem offenen Brief dem Ministerpräsidenten Korruption vorgeworfen.
Laut Urteilsbegründung hat sie damit dem Ruf der Regierung geschadet.
Die liberale Politikerin nahm das Urteil erzürnt entgegen: "Die
Entscheidung stand schon vorher fest. Sie (die Richter) hatten schon
Schecks von Ministerpräsident (Ali) Abul Ragheb in der Tasche."
Im vergangenen März behauptete Jordaniens erste weibliche
Parlamentarierin in einem offenen Brief an den jordanischen König
Abdullah, der Ministerpräsident habe persönlichen Profit aus einer
100-prozentigen Erhöhung der KFZ-Pflichtversicherung gezogen. Der
Brief war auf der Homepage der Zeitung "Arab Times" erschienen.
Faisal, eine Tscherkessin, hatte 1993-97 dem Parlament in Amman
angehört.
In allen Punkten schuldig
Tujan Faisal wurde in allen vier Anklagepunkten für schuldig
befunden. Die Urteilsbegründung besagte, dass Faisal durch ihre
falsche und übertriebene Publikation den Ruf und die Würde der
jordanischen Regierung verletzt, Verachtung für Justiz und Verwaltung
gezeigt und sich außerdem über den Islam mokiert habe. Denn die
53-Jährige soll laut einem Beamten die Gebetssprüche des
Gefängnisgeistlichen als Geschwätz bezeichnet haben. Faisal leugnete
dies jedoch. Vor Gericht sagte sie, dass sie verfassungsmäßig dazu
befugt gewesen sei, ihre Sichtweise zu äußern.
"Die Entscheidung ist illegal, falsch und nicht verfassungsgemäß",
sagte Faisals Hauptverteidiger Sayed el Radajdeh. Das
Verteidigungsteam war allerdings bei der Urteilsverkündung nicht
anwesend: Sie hatten sich aus Protest gegen die Richter schon
vergangene Woche aus dem Prozess zurückgezogen, seither hatte sich
Faisal selbst verteidigt. Die liberale Jordanierin war in den 90er
Jahren, während ihrer aktiven Zeit als Politikerin, für ihre Kritik
an der konservativen Regierung und moslemischen Extremisten bekannt
gewesen. Gegen das Urteil ist nach Angaben des Gerichtspräsidenten
keine Berufung möglich. (APA/AP)
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